Fast die Hälfte des Gesamtenergieverbrauchs und rund 40 Prozent der CO2-Emissionen gehen auf das Konto der Gebäude. Deshalb ermittelte die Konferenz der Gebäudetechnik-Verbände (KGTV) im Sommer 2015 mit Hilfe ihrer 37 Mitglieder-Verbände eine Liste von 140 Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und Reduktion der CO2-Emissionen in der Gebäudetechnik.
Basierend auf der daraus resultierenden Potenzialabschätzung von Effizienzmassnahmen (TEP-Studie) beschloss das Bundesamt für Energie (BFE), Grundlagen zur Unterstützung der Umsetzung dieser Massnahmen zu erarbeiten. Aufgrund einer Analyse der bestehenden diversen Hemmnisse sollte vom Berner Institut Infras für Forschung und Beratung mit einer weiteren Studie aufgezeigt werden, welche Instrumente die Umsetzung der Effizienzmassnahmen in der Gebäudetechnik möglichst wirksam und effizient unterstützen könnten.
Erstaunliche Ergebnisse
Aufgrund von 22 Interviews mit Expertinnen und Experten der verschiedenen Akteurgruppen kommt die Studie zum Schluss, dass die Qualität der Gebäudetechnik aus energetischer Sicht nicht optimal ist. «Die Gebäudetechnik wird derzeit aus energetischer Sicht nicht optimal konzipiert, geplant, ausgeführt, betrieben und erneuert», halten die Autoren der Studie fest. «Zum einen bestehen grosse Verbesserungspotenziale auf der Angebotsseite, das heisst bei den Leistungen der Gebäudetechnikbranche. Zum anderen fehlt aufseiten der Gebäudeeigentümer und der Betreiber ein durchgängiges ‹Energieeffizienz-Management›, das heisst, es fehlt eine ausgeprägte Nachfrage nach Energieeffizienz im Bereich der Gebäudetechnik.»
Überdies empfiehlt die Studie: «Die Umsetzung der Effizienzmassnahmen in der Gebäudetechnik sollte vor allem auf bestehende Gebäude sowie auf die Inbetriebnahme bei Neubauten fokussieren. Bei Wohnbauten steht der Ersatz fossiler Wärmeerzeugung und Verteilung durch erneuerbare Energien kombiniert mit einem bedarfsgerechten Betrieb dieser Anlagen im Vordergrund. Bei Zweckbauten sind die Effizienzmassnahmen bei allen gebäudetechnischen Anwendungen und Projektphasen relevant.»
Verschiedene Hemmnisse
Gemäss der Studie bestehen bei den Gebäudeeigentümern und generell in der Gebäudetechnikbranche grundlegende Hemmnisse betreffend das Bewusstsein, die Motivation und die Kompetenzen im Hinblick auf die Umsetzung der möglichen Effizienzmassnahmen. Primäre Hindernisse aufseiten der Gebäudeeigentümer und der Betreiber sind insbesondere das fehlende Interesse an Effizienzmassnahmen in der Gebäudetechnik. Dies vor allem aufgrund von ungenügendem Problem-und Nutzenbewusstsein, geringen Energiekosten und fehlender Lebenskosten-Betrachtung. Hinzu kommen mietrechtliche Regelungen, fehlendes Fachwissen sowie die ungenügende Bestellerkompetenz.
Die Hemmnisse sind allerdings je nach Professionalität der Eigentümer und Art der Gebäudenutzung (Eigentum versus Vermietung) unterschiedlich ausgeprägt. Aufseiten der Gebäudetechnikbranche stellten die Autoren der Studie ein fehlendes Interesse an der Vermarktung und Umsetzung von Effizienzmassnahmen sowie der Entwicklung entsprechender Geschäftsmodelle, ein Kompetenz- und Nachwuchsproblem in der gesamten Wertschöpfungskette sowie gesetzliche und strukturelle Hemmnisse fest. «Im Hinblick auf die Markttransformation in der Gebäudetechnik braucht es eine Erhöhung der Fachkompetenz der Branche, eine Verbesserung der Bestellerkompetenz der Gebäudeeigentümer sowie strukturelle und gesetzliche Anreize», fordern die Autoren.
Fehlende Fachleute
Gemäss der Studie sollte die Gebäudetechnikbranche vor allem die Fachkompetenz verbessern. «Es ist zentral, dass ausreichend gut qualifizierte und erfahrene Fachleute zur Umsetzung der Effizienzmassnahmen verfügbar sind», so die Forderung der Autoren. «Denn in der Regel werden die Effizienzmassnahmen erst breit umgesetzt, wenn die Gebäudeeigentümer die Energieeffizienz der Gebäude erhöhen wollen oder müssen. Entsprechend ist das Problembewusstsein, das Fachwissen und die Bestellerkompetenz der Gebäudeeigentümer und -betreiber zu erhöhen. Dabei sollte zielgruppenspezifisch vorgegangen werden», so deren Fazit.
Aufgrund der tiefgreifenden Hemmnisse ist deshalb eine Unterstützung der Markttransformation durch Sensibilisierung, Information, Beratung sowie Ausund Weiterbildung zwingend erforderlich. Um dazu die erforderlichen Anreize für die Gebäudeeigentümer und die Branche zu setzen, steht gemäss der Studie «eine Kombination von Lenkungsabgaben und Vorschriften im Vordergrund. Zudem sollten die gesetzlichen Hemmnisse und Verzerrungen, vor allem im Miet- und Steuerrecht, möglichst rasch beseitigt werden.»
Empfohlene Instrumente
In einem ersten Schritt sollten die bereits bestehenden Instrumente der Energie- und Klimapolitik verstärkt werden. Dazu empfehlen die Autoren sechs wesentliche Stossrichtungen. Es sind dies Information und Beratungen, Aus- und Weiterbildungen, Normen, Labels und Zertifizierungen, Finanzielle Förderungen, Energievorschriften (MuKEn 2014) sowie Miet- und steuerliche Anreize.
Im Bereich der Information und Beratung empfehlen die Autoren in Ergänzung zu zielführenden Informationskampagnen gute Beispiele aufzuarbeiten und verfügbar zu machen. Zudem wird die kontinuierliche Ausund Weiterbildung der Fachleute als zentrales Instrument betrachtet. Überdies sind die Normen, Standards und Merkblätter von Verbänden (SIA; KGTV etc.) kontinuierlich zu aktualisieren, in der Branche verstärkt bekannt zu machen und besser in der Praxis umzusetzen. In diesem Zusammenhang sind auch die Module der MuKEn 2014 in der ganzen Schweiz möglichst flächendeckend umzusetzen. Dies gilt insbesondere auch für das «freiwillige» Modul 8 der Betriebsoptimierung.
Finanzielle Förderung
Die finanzielle Förderung im Sinne eines Impulses könnte gemäss Studie helfen, neue gebäudetechnische Anwendungen und Instrumente für eine effiziente Betriebsweise (zum Beispiel Energiemonitoring) stärker bekannt zu machen und zu verbreiten. Zudem sollten die bestehenden finanziellen Förderinstrumente verstärkt gebäudetechnikspezifisch genutzt, an hohe Effizienzanforderungen gebunden und koordiniert werden. Und dies insbesondere hinsichtlich der Nutzung von Wärme und Strom in Gebäuden.
In einem zweiten Schritt sind aus Sicht der Autoren zusätzliche Instrumente erforderlich. Im Vordergrund steht dabei die Kombination von Lenkungsabgaben mit Vorschriften. «Bei der Weiterentwicklung und der Umsetzung der verschiedenen Instrumente sollten die öffentliche Hand, vor allem Bund und Kantone, und die Gebäudetechnikbranche stärker zusammenarbeiten», fordern die Autoren.
* Oskar E. Aeberli, Medienbeauftragter der Konferenz der Gebäudetechnikverbände