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Bild: zVg.

Smarter Brandschutz im Stahlwerk

Um das weitläufige Gelände mit zahlreichen Gebäuden, Trafostationen, Hallen und Lagern gegen Brandrisiken zu wappnen, installiert Stahl Gerlafingen AG über 1000 Rauchwarnmelder des vernetzten Systems «Segura360».

Stahl Gerlafingen ist Teil der italienischen AFV Beltrame Group und der führende Schweizer Anbieter von Bewehrungsstahl. Das Unternehmen beschäftigt aktuell ca. 560 Mitarbeitende, davon 10 Auszubildende. Gegründet 1823 als Ludwig von Roll'sche Eisenwerke, erzeugt die Stahl Gerlafingen AG heute jährlich etwa 700 000 Tonnen Bewehrungs- und Profilstahl auf modernsten, technologisch hochstehenden Anlagen für die Bauwirtschaft und Industrie in der Schweiz und in Europa.

Es raucht und Funken sprühen aus dem Einschmelzofen. «Ganz normal, wenn eine neue Charge mit Recyclingstahl in den Ofen gelangt», erklärt Peter Hüsser, Head of Technical Services & Plant Infrastructure bei Stahl Gerlafingen AG. Keine Frage, ein Stahlwerk ist ein spektakuläres Arbeitsumfeld: Die Hallen sind dunkel, es ist laut, Funken sprühen und täglich treffen zwei Zugkompositionen in Maximallänge mit recyclierbarem Schrott ein. Er wird in einem Ofen mit drei riesigen Elektroden, die durch Kurzschlüsse Temperaturen von bis zu 1700° Grad erzeugen, eingeschmolzen. Der flüssige Stahl wird erst zu 14 m langen Knüppeln gegossen, bevor er gewalzt wird und Bewehrungsprodukte, Stahlträger oder Profilstähle daraus entstehen.

Verschiedene Brandrisiken

Im Vierschichtbetrieb entstehen aus Schrott ca. 700 000 Tonnen Fertigprodukte  – ca. 45 % des Schweizer Bedarfs an Stahlprodukten. Kaum verwunderlich, dass der Energiebedarf dafür sehr gross ist. Jährlich verbraucht das Unternehmen etwa so viel Strom wie die Stadt Biel und so viel Erdgas wie die Stadt Baden. «Wir suchen laufend Möglichkeiten, uns in Sachen Nachhaltigkeit zu verbessern», so Hüsser. So wurden letztes Jahr hunderte Motoren durch effizientere ersetzt, genauso wie 400 Hochleistungs-Leuchten. Mit diesen Massnahmen wird Energie im Umfang von mehreren hundert Haushaltungen eingespart. Eine Druckerhöhung bei den Werkheizungen reduziert jährlich 170 Tonnen CO2, und alle Schmieröle sind inzwischen biologisch.

Doch nicht nur das Thema Nachhaltigkeit liegt dem Unternehmen mit rund 560 Mitarbeitenden am Herzen, sondern auch die Betriebssicherheit. Wo mit geschmolzenem Stahl und solch hohen Temperaturen gearbeitet wird, sind kleinere Brände fast nicht zu vermeiden. Hüsser: «In der Tat kommt es vor, dass eine Palette oder etwas Schmieröl in Brand geraten. Aber dank unseres geschulten Personals sowie Hunderten von Feuerlöschern und Löschstationen auf dem Areal können wir diese in der Regel rasch unter Kontrolle bringen.»

Freiwilliger Brandschutz

Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Brandmeldeanlage im Stahlwerk Gerlafingen nicht, doch Brandschutz hat bei Stahl Gerlafingen eine lange Tradition. Bereits heute überwachen etliche Brandmelder Teile des Areals. Aufgrund der nicht mehr zeitgemässen Technologie und der Tatsache, dass Ersatzteile nicht mehr erhältlich sein werden, machten sich Hüsser und sein Team auf die Suche nach einem geeigneten Ersatz für das Brandmeldesystem. Im Zentrum der Überlegungen für zusätzliche Sicherheit standen dabei die zahlreichen Orte, die kaum jemals von Personen betreten werden, fügt Hüsser an. Dazu zählen die 23 Trafostationen für Nieder-, Mittel- und Hochspannung, Lager mit beträchtlichen Schmieröl-Mengen, grosse Serverräume oder Büroräumlichkeiten, die nachts nicht besetzt sind. «In einer Trafostation oder einem Serverraum würde es unter Umständen lange dauern, bis ein Feuer entdeckt würde», meint Hüsser. «Der Schaden wäre wohl beträchtlich und würde schlimmstenfalls die Produktion für längere Zeit lahmlegen – so etwas darf nicht passieren.»

Gefragt war eine zuverlässige Lösung für über 1000 Rauchwarnmelder. Gleichzeitig sollten sich rund 100 Sondermelder wie Rauchansaugsysteme (RAS) und Linearmeldesysteme, die in den riesigen Hallen mit einem Lichtstrahl die Partikel in der Luft erfassen, einbinden lassen. Der Entscheid fiel schliesslich auf das smarte Brandmeldesystem «Segura360» der Berner Gebäudeversicherung GVB, bei dem alle Rauchmelder vernetzt sind, verrät Hüsser: «Dass Segura360 ohne Kabel auskommt, macht es für uns sehr attraktiv. So können wir unsere dezentral gelegenen neuralgischen Stellen auf dem Areal flexibel und einfach miteinander verknüpfen.» Die Lösung sei auch finanziell interessant: «Eine herkömmliche Brandmeldeanlage würde uns gut das Doppelte kosten.» Nicht zuletzt überzeugten die Verantwortlichen auch die garantierte Technologiesicherheit von acht Jahren und die Tatsache, dass das System unter dem Namen «CasaSegura» schon seit längerem erfolgreich in der Altstadt von Bern im Einsatz ist.

Individuelle Alarmierung

Das Unternehmen ist der erste grössere Industriebetrieb, der auf Segura360 setzt. Bei einem Brandereignis werden der jeweilige Schichtführer des Stahl-, Walzwerks, die Mattenfabrik, das Ringcenter sowie die Empfangsloge und das Team des technischen Dienstes informiert. Ein übersichtliches, grafisches Schema zeigt auf, in welchem Gebäude und Raum ein oder mehrere Melder Alarm ausgelöst haben.

Eine automatische Alarmierung der Feuerwehr wie beim Ursprungssystem «CasaSegura» in der Berner Altstadt, wird bei Stahl Gerlafingen AG nicht umgesetzt – ist aber technisch möglich. «Da bei uns rund um die Uhr eine verantwortliche und arealkundige Person vor Ort ist, würde diese die Alarmierung vornehmen, notwendige Massnahmen ergreifen und die Feuerwehr einweisen – denn es ist nicht leicht, sich im Notfall schnell und sicher auf dem riesigen Gelände zu bewegen.» ■

Rauch und Hitze: In den Produktionshallen von Stahl Gerlafingen AG werden keine Rauchmelder installiert, sie würden ungewollte Alarme auslösen. Sinn machen die Melder jedoch in wenig besuchten Trafostationen, Serverräumen oder Lagern mit grossen Brandlasten und hohen Sachwerten.

Segura360 in Kürze

Mit Segura360 hat die Gebäudeversicherung Bern (GVB) mit Partnern und Experten ein neues Rauchwarnsystem entwickelt. Die smarte IoT-Lösung bietet modernste Technologie und eine einfache Montage bei verhältnismässig tiefen Kosten. Dank kabellosen Brandmeldern kann ein Gebäude einfach nachgerüstet werden und die Installation ist beliebig skalier- und erweiterbar. Da bei einem Brand die Stromversorgung im Gebäude und mit ihr WLAN-Router und Internetverbindung beeinträchtigt werden können, verwendet Segura360 das ausfallsichere LoRa-Übertragungsverfahren mit dem LPN-Netzwerk der Swisscom.

Bis Ende 2023 soll das gesamte Projekt inklusive der Integration von 100 Sondermeldern wie Rauchgasabzug abgeschlossen sein.