Der Weishaupt Ingenieur-Fachzirkel 2015 (WIF) in der Umwelt Arena in Spreitenbach wurde von Gastgeber Richard Osterwalder, Geschäftsleiter Weishaupt Schweiz AG, eröffnet. Osterwalder zeigte sich erfreut über den grossen Anklang des Events in der Branche, den er in den letzten Jahren unter Fachleuten erlangt hat. Nahezu 350 Fachleute sind der Einladung gefolgt und haben sich zur Thematik Energieeffizienz informieren lassen. Bereits am WIF 2013 hatte Richard Osterwalder angemahnt, dass über die zukünftigen energiepolitischen Ziele der EU und die daraus resultierenden Verordnungen auch in der Schweiz diskutiert werden sollte. Am letztjährigen WIF wurde über die Einführung harmonisierter Standards und Produkteinformationen für die Verbraucher und die energiepolitischen Ziele der EU bis 2020 gesprochen. Der aktuelle Stand und die Zukunft dieser «Produktebewertung» standen im Mittelpunkt des WIF 2015.
Neues Forschungs- und Entwicklungszentrum von Weishaupt vorgestellt
Dr. Tim Schloen, Leiter Forschung und Entwicklung, Max Weishaupt GmbH, erläuterte zu Beginn der Veranstaltung die neuen Möglichkeiten im neuen Weishaupt-Forschungs- und Entwicklungszentrum im deutschen Schwendi. So können mittels erweiterter Simulationstechnik Forschung und Entwicklung auf hohem Niveau betrieben werden. Beeindruckend war das Erdsonden-Prüffeld für bodennahe Geothermie. «Seit 1962 stehen Forschung und Entwicklung im Zentrum unseres Unternehmens. F+E werden auch in Zukunft bei uns auf hohem Niveau betrieben werden.» Schloen gab auch ein ganz klares Votum von Weishaupt für die Produktion in der Schweiz ab: «Nicht nur der zentralen Lage wegen, sondern auch wegen der wirtschaftlichen und politischen Stabilität und der hohen Qualitätskultur sind wir in der Schweiz.»
EU-Ecodesign-Anforderungen und Bedeutung für die Schweiz
Olivier Meile, Leiter Bereich Gebäudetechnologie beim Bundesamt für Energie, sprach über die EU-Ecodesign-Anforderungen für wärmetechnische Anlagen, die bisherigen Schweizer Erfahrungen damit sowie die künftigen Auswirkungen. Die EU wird die neuen Labels ab 26. September 2015 in Kraft setzen (verbindlich im Gesetz ab 2017). Das verschaffe Klarheit und Vereinheitlichung bezüglich der Anforderungen an die Geräte und Transparenz für die Endkunden, so Meile. Für die Schweiz sei es unerlässlich, sich den neuen Gegebenheiten bzw. den europäischen Normen anzu- passen. Eine grosse Herausfor- derung sei deshalb die Implemen- tierung der EU-Ecodesign-Vor- schriften in die schon bestehende Gesetzgebung der Schweiz sowie die Koordination der un- terschiedlichen Gesetzesbestimmungen, die die EU-Energieeti- ketten tangieren, wie kantonale Bauvorschriften, EnGEnV, BauPG-BauPV, USG-LRV und LSV.
«Neue Lösungen sind gesucht», meinte Meile. «Die Schnittstellen zu den Kantonen sind zu optimieren. Der Bund hat bei uns die Kompetenz, die Kantone aber haben dafür zu sorgen, dass schweizweit dieselben Anforderungen vollzogen werden.» Für die Kunden brauche es eine klare und transparente Orientierung. Es gelte zudem, den Stromkonsum zu stabilisieren und für die Zukunft einen CO2-neutralen Gebäudepark anzustreben, damit die energie- und klimapolitischen Ziele erreicht werden. Das werde eine Verschärfung der MuKEn zur Folge haben, gleichzeitig aber den Stellenwert des Gebäudeenergieausweises der Kantone (GEAK) erhöhen. Als Konsequenzen für Hersteller und Lieferanten in der Schweiz nannte Olivier Meile folgende Punkte:
- Ab sofort können freiwillig alle betroffenen Geräte in der Schweiz mit der Energieetikette versehen werden. Ab Inkrafttreten der revidierten EnV (2017) wird die Energieverbrauchskennzeichnung vorgeschrieben.
- Warmwasserspeicher müssen weiterhin die Anforderungen des Anhangs 2.1 EnV einhalten bis zur Ablösung durch neue Vorschriften.
- Das Verbund-Label bleibt freiwillig
- Fossile Feuerungen müssen weiterhin die Anforderungen der LRV einhalten.
- Selbstverantwortung der Branche (Innovation und Best-Geräte-Strategie).
Umsetzung der MuKEn 2014 in den Kantonen
Christoph Gmür, Leiter Sektion Energietechnik, AWEL ZH, erklärte die Weiterentwicklung der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich MuKEn. Er schilderte die Entwicklung der Energiepolitik der Kantone von der Musterverordnung Rationelle Energienut- zung in Hochbauten von 1992 bis zu den MuKEn 2014. «Das Ziel ist», so Gmür, «die energetische Optimierung der Gebäude, um nur ein Minimum an Energie zuführen zu müssen. Die MuKEn dienen der Harmonisierung der Energie-Vorschriften in der Schweiz. Die Vorschriften gelten für alle.» Nach stattgefundener Harmonisierung und Verabschiedung am 9. Januar 2015 durch die Konferenz kantonaler Energiedirektoren (EnDK) sei es nun wichtig, dass die MuKEn 2014 in allen Kantonen umgesetzt würden. Ab 2017 sind sie verbindlich.
Was es an Zeit und Diskussionen braucht, bis Gesetze oder Vorschriften entstehen, zeigte Jürg Grossen, Nationalrat (BE) und Vorstandsmitglied der Konferenz der Gebäudetechnik-Verbände (KGTV) der Versammlung. Er empfahl der Gebäudetechnik-Branche, sich auf kantonale und eidgenössische Gesetze zu konzentrieren.
In seinem Vortrag befasste sich Christoph Gmür auch mit dem Thema der Heizungserneuerungen im Bestand: «Oberstes Ziel muss dabei eine Verminderung der CO2-Emissionen im bestehenden Gebäudepark sein.» Dabei sollen bei einem Heizungswechsel 10% der bisher fossil erzeugten Wärme durch erneuerbare Energien oder Effizienzmassnahmen (Senkung Verbrauch) kompensiert werden. Die fossile Wärmeerzeugung wird nicht verboten. Zentrale Elektroheizungen hingegen sollen innert 15 Jahren ersetzt werden.
Die Relevanz des Gebäudeparks
Stefan Cadosch, Architekt und Präsident Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, referierte zum Thema «Labeling oder ganzheitliches Denken?». Er zeigte auf, dass bei den Architekten in den vergangenen Jahren eine deutliche Akzeptanz und ein Umdenken bezüglich der energetischen Aspekte bei Gebäuden eingetreten ist. Und er verwies auf die vier Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie, Soziologie und Ästhetik.
«Eine Gesamtenergiebetrachtung fehlt allerdings», sagte der SIA-Präsident. «So wird das Effizienz- steigerungspotential grosser Be- triebsbereiche nicht ausgeschöpft. Und: Fast zwei Drittel des Gesamtenergiebedarfs der Betriebe ist nicht labelrelevant.» Cadosch machte auch auf die aktuellen grossen Herausforderungen in der Bevölkerungs-, Siedlungs- und Verkehrsentwicklung der Schweiz sowie die Ziele der Energiestrategie 2050 aufmerksam: «Die Re- levanz des Gebäudeparks ist augenscheinlich – setzt man dort nicht den Hebel an, kommt man auf keinen grünen Zweig.» Die Anzahl der Gebäude in der Schweiz beträgt 2,5 Mio. (geheizte Gebäude: 1,6 Mio. bzw. 64%). Der Anteil am Verbrauch von fossiler Energie beträgt 49%, die Anteile am Strom- und am Gesamtenergieverbrauch liegen bei 37% bzw. 46%.
Cadosch meinte, dass Label und Etiketten als Hilfsmittel auf dem Weg zu einer energieeffizienten Gesellschaft zu betrachten sind, ein ganzheitliches Denken aber nicht behindern sollten. «Wir müssen uns auf kreative Leute konzentrieren und nicht auf Labels. Der SIA setzt auf die Fachkraft und seine Normen, nicht im Sinne von Rezepten, sondern als Richtwerte für die Fachkräfte.»
Lebhaftes Podiumsgespräch
Beim Podiumsgespräch mit den Referenten, moderiert durch den Wissenschaftsjournalisten Beat Glogger, zeigte sich Skepsis bezüglich eines Verbund-Labels, wenn Geräte verschiedener Hersteller eingesetzt werden. Wer garantiere eine gleiche Qualität und Energieeffizienz? Dabei wurde festgestellt, dass seriöse Unternehmen nie untaugliche und billige Geräte einsetzen würden und Verbund-Label somit wirklich Sicherheit für den Kunden bieten könnten. Bei der Gegenüberstellung von Freiwilligkeit und Verordnung von Verbund-Labeln wurde klar zugunsten der Freiwilligkeit votiert. Aber auch Gesetze können Anreize bieten, nicht nur Gebote, meinte Christoph Gmür und verwies auf die positive Entwicklung des Minergie-Labels.
Furioser Auftritt von WAM
Zum Abschluss des WIF begeisterte Walter Andreas Müller (WAM) mit seinem furiosen Auftritt als alt Bundesrat Christoph Blocher. WAM verblüffte das Publikum mit seiner gelungenen Parodie auf den grossen Volkstribunen. Mit spielerischer Leichtigkeit auf der Büh- ne wechselte WAM temporeich Rollen und Stimmen – von Blocher zu bekannten Persönlichkeiten wie alt Bundesrat Moritz Leuenberger oder FIFA-Präsident Sepp Blatter und wieder zurück zu Blocher. WAM erntete rauschenden Beifall für seinen tollen Auftritt am WIF.
Weitere Informationen:
www.energiestrategie2050.ch
www.bfe.admin.ch
www.weishaupt-ag.ch