Neben den Weichen, die in der Schweiz in Bund und Kantonen gestellt werden, gibt es noch einen dritten Akteur, der wesentlichen Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Gebäudetechnikbranche hat: Europa. Aus diesem Grund hat die Konferenz der Gebäudetechnikverbände (KGTV) einen Round Table mit verschiedenen Vertretern aus Wirtschaft und Politik organisiert, an dem die Entwicklungen in Europa verfolgt und zukünftige Auswirkungen auf die Schweiz diskutiert werden konnten. Die KGTV hat die beliebte Veranstaltung von Gebäudeklima Schweiz (GKS) übernommen.
Europäische Entwicklungen in der Gebäudetechnikbranche früh erkennen
Nach der Begrüssung der Teilnehmer durch Richard Osterwalder, Vorstand Gebäudeklima Schweiz und CEO Weishaupt AG, sowie Andreas Bayer, Vorstand KGTV, CTA AG, erläuterte Konrad Imbach, Geschäftsführer GKS, kurz die Ziele des Round Table: «Wichtig für uns ist allgemein, dass die Auswirkungen der europäischen Entwicklungen in der Gebäudetechnikbranche auf den Schweizer Markt frühzeitig erkannt und beeinflusst werden. Heute ist zwar viel individuelles Fachwissen vorhanden, die Koordination und Informationsaustausch fehlen aber. Daher müssen wir für eine frühzeitige Information von der europäischen Ebene aus sorgen und die Auswirkungen auf den Schweizer Markt im Auge behalten.» Auch seien die Koordination der Informationen und deren Weiterleitung sowie der Einbezug der betroffenen Bundesämter, Fachverbände, Prüfstellen, Fachhochschulen wichtig. Nicht zu vergessen, so Imbach, sei die koordinierte Intervention auf Gesetzes- und Normenebene.
Insiderwissen vermittelt
Wertvolle Informationen zu den in der EU laufenden Massnahmen in der Gebäudetechnik lieferte Dr. Bernard Gindroz, BMGI Consulting – viel Wissenswertes zu den neuen Anforderungen bei Energy Packet, Eco Design sowie Energy-Labeling. Gindroz zeigte die Ausrichtung der energierelevanten Richtlinien (und Vorschriften) mit der Roadmap 2030 und die Schritte in der nächsten Zukunft (ErP, Eco Design – Energy Efficiency).
Die ergänzende Richtlinie 2010/30/EU verlangt überdies eine Energieetikettierung, die Installateuren und Endkunden eine Orientierung bezüglich Effizienz ermöglichen soll.
Auf europäischer Ebene entspringen der Ecodesign-Richtlinie (ErP) 2009/125/EG Mindestanforderungen an die Marktzulassung verschiedenster energieverbrauchsrelevanter Produkte, worunter auch Wärmeerzeuger fallen. Die ergänzende Richtlinie 2010/30/EU verlangt überdies eine Energieetikettierung, die Installateuren und Endkunden eine Orientierung bezüglich Effizienz ermöglichen soll. Im Rahmen des Sommer-Energiepakets vom Juli 2015 hat die EU-Kommission eine neue Verordnung zur Energie-Kennzeichnung vorgeschlagen, um die Richtlinie 2010/30/EU zu ersetzen. Die neue Verordnung steht im Einklang mit den Zielen der Richtlinie von 2010, würde aber einige Schwachstellen überwinden, die in einer Überprüfung und begleitenden Folgenabschätzung festgestellt wurden.
Die EU-Kommission will ausserdem, so Gindroz, die Wiederherstellung der ursprünglichen A-G-Skala für die Klassifizierung der Energieeffizienz von Produkten und einen Mechanismus zur Reskalierung von Produkten, die Erschaffung einer neuen Produktdatenbank, Massnahmen zur Verbesserung der nationalen Marktüberwachung sowie den Ersatz der Richtlinie durch eine oder zwei Verordnungen. Die neue Verordnung würde am 1. Januar 2017 in Kraft treten und die Richtlinie 2010/30/EU aufgehoben. Die Richtlinie 2009/125/EG über Ökodesign-Anforderungen soll erhalten bleiben.
Der smarte Weg in Europa
Barbara Guder, Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV), stellte die «E3P – die neue zentrale Energieeffizienz-Plattform in Europa» vor und gab Einblicke in die Grundlagen zum Thema «Smart» (Smart Appliances, Smart Metering System, Smart Home, Smart Building, Smart Grid, Smart City). Beim Smart Metering System handelt es sich um ein intelligentes elektronisches Messsystem, das den Energieverbrauch messen kann; wobei mehr Informationen als mit einem herkömmlichen Zähler bereitgestellt werden, und das Daten unter Nutzung einer Form der elektronischen Kommunikation übertragen und empfangen kann. Wird die Einführung intelligenter Zähler positiv bewertet, sollen mindestens 80% der Verbraucher bis 2020 mit solchen Messsystemen ausgestattet werden.
Das Smart Grid ist ein modernisiertes Energienetz, das um einen digitalen bidirektionalen Kommunikationskanal zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Verbraucher sowie um intelligente Mess-, Überwachungs- und Steuerungssysteme erweitert wurde.
Beim Smart Home werden die Bedürfnisse der Bewohner durch eine Vielzahl von Sensoren und smarten Geräten erfasst, die eine intuitive Ansteuerung ermöglichen. Ein ausgereiftes «Connected Home Network» (Schnittstellen, Software, mit drahtgebundenen/drahtlosen Technologien) soll ein simples und sicheres Zusammenspiel der Geräte aus den verschiedenen Bereichen (Unterhaltungselektronik, Informations- und Kommunikationstechnik, Elektrohaushalt und Haustechnik etc.) ermöglichen.
Beim Smart Home werden die Bedürfnisse der Bewohner durch eine Vielzahl von Sensoren und smarten Geräten erfasst, die eine intuitive Ansteuerung ermöglichen.
Beim Smart Building steht das gewerblich genutzte Gebäude im Vordergrund. Von «Intelligenten Gebäuden» spricht man, so Guder, wenn man Gebäude im Zusammenhang mit den Anforderungen der Richtlinie 2010/31/EU (EPBD) über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden betrachtet. Ein Gebäude gemäss der Richtlinie ist eine Konstruktion mit Dach und Wänden, deren Innenraumklima unter Einsatz von Energie konditioniert wird. Die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes wird definiert als die berechnete oder gemessene Energiemenge, die benötigt wird, um den Energiebedarf im Rahmen der üblichen Nutzung des Gebäudes (u. a. Heizung, Kühlung, Lüftung, Warmwasser und Beleuchtung) zu decken.
Informationen über die GKS-Normen-Kommission
Andreas Fahrni, Vorsitzender NK GKS, Style System-Technik GmBH, informierte über die Tätigkeit der GKS-Normen-Kommission. Fahrni ging auf die Definition des Begriffs «Smart» ein und zeigte die Smart-Regelwerke und deren Vernetzung. Er erinnerte auch an die Anforderungen der Energiestrategie 2050, die die Senkung des Stromverbrauchs, die Energieeffizienz sowie die Erneuerbaren Energien (Sonne, Geothermie, Umgebungswärme) im Fokus hat.
Als Zielsetzungen von SG Ready (GKS) nannte der Normenfachmann die Optimierung und Netzstabilisierung (Strom), die Reduktion des Netzausbaus (Strom), die Speicherung in Schwachlastzeiten (Breaktarif), im Verbund mit PV- Speicherung (Breaktarif), sowie die Effizienzsteigerung der Anlagen (Kostenreduktion).
Fahrni nahm aus der Versammlungsmitte gerne den Vorschlag auf, statt von Schnittstellen künftig von Verbindungsstellen zu sprechen: «Das trifft den Kern der Materie viel besser, man sollte das ändern.»
Im Anschluss an die Referate hat sich die Expertenrunde noch intensiv ausgetauscht und hilfreiche Anknüpfungspunkte für die weitere Zusammenarbeit entwickelt.n