Gebäudesysteme

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Haustech 6-7/2019

Strahlungsarm wohnen

Überall, wo Strom oder Daten fliessen, entstehen elektromagnetische Felder. Jeder Einwohner der dicht besiedelten Schweiz ist daher täglich und praktisch überall von diverser Strahlung in unterschiedlichen Stärken umgeben. Auch wenn nicht alle Personen gleich sensibel darauf reagieren, können wir jedoch alle mit unserem Verhalten dazu beitragen, solche Belastungen zu verkleinern.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm in der Schweiz nicht nur die Bevölkerung zu, sondern auch deren Stromverbrauch. Nach Jahren des konstanten Wachstums stabilisierte er sich etwa seit 2006 bei knapp unter 60 000 GWh p.a., während das Bruttoinlandprodukt und die Bevölkerung weitergewachsen sind. Auch der meist via Freileitungen transportierte Strom stagniert bei etwa 100 000 GWh p.a.. Beim Stromverbrauch zeigt sich die Wirksamkeit des sparsamen Umgangs mit wertvoller Energie, sei es durch LED-Beleuchtungen oder durch energieeffiziente Haushaltsgeräte. Gleichwohl ist nicht auszuschliessen, dass bei weiterem Bevölkerungswachstum, weiterem Ausbau unserer Bahnstrecken und zunehmender Digitalisierung der Stromverbrauch dereinst wieder zunimmt.

Gemäss der Strategie des Bundesrates für eine digitale Schweiz soll unser Land die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen. Dies bedingt eine ständige Verfügbarkeit mobiler Dienste und einen weiteren Ausbau der Sende- und Netzinfrastruktur. Seit den 1990er-Jahren wuchs die Anzahl der Mobilfunkgeräte in der Schweiz auf geschätzte 11 Millionen. Zudem wuchs das übertragene mobile
Datenvolumen zwischen 2008 und 2016 um den Faktor 375. Während es sich bis vor wenigen Jahren von Jahr zu Jahr verdoppelte, hat sich auch hier das Wachstum leicht abgeschwächt. 2017 und 2018 verdoppelte es sich nur noch alle 16 Monate (gemäss Sunrise und Swisscom).

Von nichts kommt nichts

Wegen des Datenverkehrswachstums entstehen neue Mobilfunknetze wie 5G. In einem ersten Schritt bauen Sunrise und Swisscom ihre 5G-Sender zunächst auf bestehenden Standorten auf. Für die Anfang 2019 ersteigerten Frequenzen im Bereich von 3,6 GHz werden hingegen vorwiegend neue Standorte nötig sein. Erste Bauanträge dazu laufen bereits. Je nachdem, wie stark das Internet der Dinge (IoT) auf 4G und 5G boomt, könnte die Anzahl von 20 000 Sendestandorten in der Schweiz in den nächsten Jahren durchaus übertroffen werden.

Eine gute Nachricht ist aber, dass Salt und Swisscom Ende 2020 ihre GSM-Infrastrukturen (2G) ausser Betrieb nehmen. Sie stammen aus den frühen 1990er-Jahren und entsprechen den modernen Anforderungen an Effizienz nicht mehr. Abgesehen davon wird auch kaum noch Verkehr darüber abgewickelt, sodass die Abschaltung naheliegt. Ähnliches wird für UMTS/3G auf Ende 2024 diskutiert. Während GSM/2G zur Übertragung von einem Mbit/s noch 5400 W benötigte, sind es bei LTE/4G nur noch 1,4 W und bei 5G 0,16 W. Die beiden neuen Generationen sind also nicht nur schneller geworden, sondern gehen auch bedeutend effizienter mit Energie und den teuren Funklizenzen um. Zudem senden sie nur, wenn es wirklich etwas zu senden gibt.

Dass die zunehmende mobile Datenflut einen ständigen Ausbau der Sendeanlagen bedingt, ist nicht wirklich überraschend. Im Grunde tragen wir Nutzer durchaus eine nicht unerhebliche Mitschuld daran. Besonders beliebt sind Streamingdienste, Surfen und Gamen – alles datenintensive Anwendungen, während mobile Telefonate weniger als ein Prozent am Gesamtvolumen ausmachen.

Strahlung in der Wohnung

Paradox erscheint, dass etwa 35 Prozent aller Nutzer diese Dienste gar nicht unterwegs, sondern daheim verwenden. Messungen haben gezeigt, dass über 90 Prozent der hochfrequenten Strahlung von den Endgeräten in den eigenen vier Wänden ausgehen. Bei den Strahlenbelastungen durch Mobilfunkendgeräte muss man zwischen den verschiedenen Generationen und Frequenzen unterscheiden. Bei GSM/2G powert das Endgerät gleich nach dem Einschalten mit Maximalleistung (2 W auf 900 MHz, 1 W auf 1800 MHz), um einen Sender zu finden. Der Sender regelt dann in den meisten
Fällen die Sendeleistung des Endgeräts je nach Empfangslage herab. Bereits bei der nächsten Generation UMTS/3G beträgt die maximale Sendeleistung nur noch 250 mW, wobei hier nach dem Einschalten mit minimaler Power gestartet und dann nötigenfalls sukzessive heraufgeregelt wird. Messungen zeigen, dass ein UMTS-Endgerät während eines Telefonats mit lediglich 5 bis 10 μW strahlt. Bei intensivem Datenverkehr können bis zu 350 μW entstehen.

Ab 4G/LTE wird (auch zur Schonung des Akkus im Endgerät) auf beiden Seiten mit möglichst tiefer Sendeleistung operiert. Bei wenig Verkehr (etwa nachts) wird zudem die Sendeleistung des Mobilfunksenders ausserhalb der Wohnung auf ein Minimum begrenzt, was die Strahlenbelastung und den Stromverbrauch gleichermassen senkt. Neben Smartphones, Tablets und Notebooks zählen Schnurlostelefone (DECT) sowie WLAN-Router und Access-Points (Wireless Local Area Network) zu den weit verbreiteten Endgeräten und Strahlenquellen daheim. DECT-Basisstationen und -Endgeräte arbeiten mit je max. 250 mW Sendeleistung und werden im Frequenzbereich 1,88 bis 1,9 GHz betrieben. Sie erreichen eine Reichweite von bis zu 300 m im Freien und bis zu 50 m in Gebäuden (B1).

Bei den WLANs hängt die Sendeleistung der Router/Access-Points vom genutzten Frequenzbereich und vom verwendeten Standard ab. Unterdessen existieren sechs verschiedene WLAN-Standards, die in den Frequenzbereichen rund um 2,4 und 5 GHz operieren. Während im 2,4-GHz-Band mit max. 100 mW gesendet wird, sind im 5- GHz-Band zwecks Sicherstellung der Reichweite 200 mW erlaubt, bei einem Standard sogar 1 W. Wie stark die Geräte strahlen, hängt von der Sendeleistung und der Dichte des Datenverkehrs ab. Mit zunehmenden Abstand zum Sender nimmt die Strahlung auch hier schnell ab. Sie liegt bei maximaler Sendeleistung sowie maximalem Datenverkehr in einer Distanz von 20 cm rund 10-fach und in einem Meter Abstand sogar 40-fach unter dem empfohlenen Grenzwert.

Ob die elektromagnetischen Felder von WLANs ein gesundheitliches Risiko darstellen, ist offen. Die von WLAN-Geräten ausgehende Strahlung ist klein, ein vorsorglicher Umgang ist aber vor allem bei der körpernahen Anwendung von WLAN wie bei Laptops, elektronischen Agenden oder Internet-Telefonen sinnvoll. WLANs sind die einzigen Drahtlosnetze, die auch in Spitälern zugelassen sind, da die gemessene Belastung direkt am Körper klein bis sehr klein ist.

Bluetooth ist eine Funktechnologie, welche die drahtlose Datenübertragung z. B. zwischen Notebooks, Smartphones, Druckern, Scannern, digitalen Kameras sowie verschiedenen Geräten der Unterhaltungselektronik und persönlichen Geräten ermöglicht. So lässt sich beispielsweise das Smartphone schnell mit dem Auto (freisprechen) oder der Stereoanlage verbinden (streamen). Bluetooth kennt drei Leistungsklassen mit max. Sendeleistungen von 76/1.9/0.8 mW bei Reichweiten von bis zu 100/40/10 m. Bluetooth verwendet zwar relativ kleine Sendeleistungen, aber die Geräte befinden sich meist sehr nahe am Körper und können ähnlich intensive Belastungen erzeugen wie ein Smartphone am Ohr. Besonders belastend ist die Verwendung eines Smartphones mit Bluetooth-Ohrhörern.

Tipps zur Reduzierung der Strahlung

Generell lässt sich sagen, dass besonders jene Strahlung, die den Kopf allein trifft, schädlicher anzusehen ist als jene, die sich gleichmässig auf den ganzen Körper verteilt. Daheim lässt sich die Strahlenbelastung bereits mit wenigen Massnahmen reduzieren:

  • Mobile Endgeräte während des Telefonats möglichst nicht ans Ohr halten, sondern stattdessen eine drahtgebundene Freisprecheinrichtung verwenden.
  • Keine drahtlosen Bluetooth-Hörer in die Ohren stecken; sie sind zwar unbestritten praktisch und mögen smart wirken, erhöhen aber die Belastung des Kopfes.
  • Möglichst keine 2G/GSM-Endgeräte mehr verwenden und am Smartphone (falls möglich) 2G deaktivieren.
  • Alle mobilen Endgeräte nachts vollständig ausschalten (kein Stand-by)
  • Notebooks mit WLAN-Verbindung möglichst weit weg vom Körper aufstellen (die Antennen befinden sich meist links und rechts im aufklappbaren Teil); ansteckbare Maus und Tastatur sowie externen Monitor verwenden.
  • DECT-Telefon im Ecomodus betreiben – weniger Stromverbrauch bei tieferer Sendeleistung
  • WLAN-Router nachts unbedingt abstellen – er powert sonst Tag und Nacht mit voller Sendeleistung.
  • DECT-Basisstation und WLAN-Router/-Access-Points hindernisfrei aufstellen, damit möglichst eine direkte Sichtverbindung zwischen ihnen und den Endgeräten besteht; dadurch vermeidet man einen strahlungs reichen Betrieb mit Maximalleistung.
  • Beim Auftreten von WLAN-Funklöchern Repeater aufstellen; dies sind keine aktiven Sender, sondern vielmehr meist kleine und unauffällige Geräte, die das schwache WLAN-Signal verstärken; die WLAN-Endgeräte in der Nähe der Benutzer müssen dann nicht mit maximaler Power senden.

Quellen niederfrequenter Strahlung sind auch Stromleitungen innerhalb und ausserhalb der Wohnung, strombetriebene Geräte im Haushalt sowie Fahrleitungen von Eisenbahnen in der Nähe von Wohnhäusern. Zur Reduktion von möglichen Strahlen und Stand-by-Verlusten im Haus empfehlen sich Schaltsteckdosen oder Zeitschaltuhren. Damit sind auch die Netzteile elektrischer Endgeräte vom Stromnetz getrennt und können keine Felder mehr erzeugen. Netzfreischalter können nach Abschalten aller angeschlossenen Verbraucher in einem Stromkreis dort die Netzspannung abschalten und nach Einschalten eines Verbrauchers wieder einschalten. Eine noch radikalere Variante ist, vor dem Zubettgehen alle Sicherungen zu den Schlafzimmern abzuschalten, damit auch die Stromleitungen nicht mehr unter Spannung stehen.

Strahlung durch Photovoltaikanlagen

Strahlung in der Wohnung kann durchaus auch aus Photovoltaikanlagen (PV) entstehen. PV-Zellen produzieren auf dem Dach Gleichstrom von mehreren 100 bis zu 1000 V und mehr. Sie übertragen ihn über dicke Stromleitungen zum Wechselrichter. Dort erfolgt die Umwandlung in Wechselstrom zwecks Einspeisung ins Hausnetz, in einen hauseigenen Strom speicher oder ins öffentliche Stromnetz. Wenn man in einer Dachgeschosswohnung wohnt, wo die PV-Zellen direkt über dem Wohnbereich montiert sind, sollte doch wenigstens der Wechselrichter möglichst weit von Personen in der Wohnung positioniert sein. Dabei sind möglichst gut isolierte Stromkabel mit hohem Querschnitt zu verwenden. Mögliche Abstrahlungen aus dem Kabel sowie Leistungsverluste darin werden so minimiert.

Ein gutes Beispiel zeigt die Renovation zweier Hochhäuser in Zürich-Leimbach (B2). Dort bestehen die Fassaden neben den Fenster- und Balkonelementen vollumfänglich aus PV-Modulen. Die Wechselrichter wurden in die Velokeller verbannt, einerseits wegen ihrer starken elektromagnetischen Felder und andererseits auch wegen potentieller Lärmemissionen (primär Resonanzgeräusche der Trafos). Dies bedingte allerdings eine millionenteure Verkabelung zur Verbindung aller PV-Elemente an der Fassade mit den Wechselrichtern im Keller. Die Baugenossenschaft Zurlinden errichtete damit eine 98-kWAnlage, die den Strombedarf der rund 500 Bewohner in 170 Wohnungen maximal zu etwa einem Drittel decken soll. Die PV-Module waren nach Angaben der Genossenschaft kaum teurer als eine Metallfassade ohnehin gewesen wäre, mit Ausnahme der Verkabelung.

Strahlung von Mobilfunksendeanlagen

Öffentliche Mobilfunksendeanlagen gehören wie Kupfer- oder Glasfaserleitungen, Bahnlinien, Autobahnen, Strom-, Wasser- und Gasleitungen zur öffentlichen Infrastruktur und sind auch so zu behandeln. Dennoch werden sie oft bitter bekämpft, obwohl praktisch jeder Einwohner der Schweiz ein Smartphone besitzt. Gerade deshalb sind Mobilfunksender nötig, um die in der Schweiz anerkannt hohe Abdeckung mit Mobilfunkdiensten zu erreichen (z. B. über 99% bei 4G/LTE).

Mobil- und Rundfunksender erzeugen Strahlung im hochfrequenten Spektrum. Hierbei handelt es sich um nichtionisierende Strahlung (NIS). Eine entsprechende Verordnung über nichtionisierende Strahlung (NISV) schützt die Schweizer Bevölkerung seit rund zwanzig Jahren wirkungsvoll vor NIS. Die Verordnung ist europaweit die strengste und lässt nur einen Zehntel der Anlagengrenzwerte zu, wie sie in der EU möglich sind, wobei die Messverfahren unterschiedlich sind. Jeder Schweizer Sendestandort wird regelmässig, mindestens jedoch einmal pro Jahr von den kantonalen Behörden kontrolliert und nachgemessen. Auch zu Spitzenzeiten muss die NISV unbedingt eingehalten werden. Falls nicht, werden Sender auch schon mal von Amtes wegen abgeschaltet.

In der Nähe von Flughäfen, Bahnhöfen, Autobahnen und Bahnlinien, in Innenstädten oder anderen dicht besiedelten Regionen besteht eine grosse Senderdichte. Hier müssen Tausende von Personen zeitgleich versorgt werden, was auch wegen der strengen NISV eine entsprechend hohe Anzahl von Sendern bedingt. Aus Autorensicht heikel sind Mobilfunksender in den Fällen, bei denen der Hauptabstrahlkegel permanent auf Kopfhöhe von Personen in gegenüberliegenden Gebäuden trifft. Um dies zu verhindern, werden die Abstrahlkegel der Sender in Richtung Personen abgeschwächt oder ganz ausgeblendet, was natürlich zur Folge hat, dass dort kein Empfang mehr vorhanden ist. Optimal ist ein rundstrahlender Sender auf dem höchsten Gebäude im Ort, etwa in einem Kirchturm oder auf einem Siloturm. Der volle Kegel steht weiter entfernten Benutzern zur Verfügung und hat sich bis dahin genügend abgeschwächt, da die Strahlung umgekehrt exponentiell zur Entfernung sinkt.

Der  strahlungsärmste Ort in unmittelbarer Nähe zum Sender befindet sich übrigens direkt darunter. Wer meint, ein Mobilfunksender auf dem Dach sichere die eigene Mobilfunkversorgung, täuscht sich. Aus Autorensicht optimal ist eine Entfernung von 300 bis 400 m Entfernung mit Sichtverbindung zum Mobilfunksender bei einem Winkel von höchstens 15° zu dessen Hauptachse.

«Horror-Zug»

Die Strahlenbelastungen einzelner Quellen wurden in den letzten 40 Jahren intensiv erforscht. Angeblich existieren mittlerweile mehr als 1000 Studien dazu. Was aus Autorensicht fehlt, ist eine Studie, welche die Belastungen aus dem gesamten in diesem Artikel erwähnten «Strahlensalat» wissenschaftlich untersucht und mit Messdaten belegt, sofern das überhaupt möglich ist. Übrigens hält auch das BAFU klar und deutlich fest: Der Ort mit der mit Abstand stärksten Strahlenbelastung ist der Zug, besonders zu Stosszeiten, wenn sich ein voll besetzter Intercity mit 1200 Reisenden und fast gleich vielen mobilen Endgeräten in Bewegung setzt. Neben der Oberleitung (15 000 V, 16 2⁄3 Hz) und den Feldern aus den Fahrmotoren und Trafos (teilweise unterflur im Wagenkasten unter den Sitzen) haben die Mobilfunknetzbetreiber die schwierige Aufgabe zu lösen, möglichst allen Reisenden ein brauchbares Funksignal bereitzustellen und alle paar Kilometer einen Handover (Wechsel zur nächsten Funkzelle) durchzuführen.

Weil die Scheiben und die Metallstruktur des Wagons das Funksignal aber stark dämmen und zudem das Reisetempo von bis zu 160 km/h die Übertragungsbedingungen weiter erschwert, powern praktisch alle mobilen Endgeräte mit Maximalleistung, was eine sehr hohe Strahlenbelastung im Abteil zur Folge hat. Da tröstet es den Reisenden, dass wenigstens der Bahnstrom in der Schweiz zu über 90 Prozent aus Wasserkraft stammt. Vielleicht sollte er sein Endgerät während der Reise einfach abschalten. Das hilft allen.