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Induktive Ladestation, Modell Samsung (Bild: Benedikt Vogel)

Energieeffizienz von induktiven Ladestationen

Drahtlos laden: bequem, aber wenig effizient

Elektrische Zahnbürsten oder Rasierapparate lassen sich induktiv – also ohne Ladekabel – mit Strom versorgen. Auch für Mobiltelefone sind induktive Ladestationen seit geraumer Zeit auf dem Markt. Drahtloses Laden ist bequem und sicher, allerdings liegt der Stromverbrauch höher als beim herkömmlichen Ladekabel. Eine Studie im Auftrag des BFE hat den Mehrverbrauch beziffert – und gibt Hinweise, wie energiebewusste Nutzer Strom sparen können.

"Nein, tut mir leid", sagt der Verkäufer im Apple-Geschäft, "das iPhone 7 ist noch nicht für induktives Laden ausgerüstet, aber gut möglich, dass dies beim neuen iPhone, das im Herbst 2017 auf den Markt kommt, der Fall sein wird." Im Gegensatz zu dem Apple-Gerät enthalten die Mobiltelefone von Samsung und anderen Anbietern schon seit einiger Zeit standardmässig einen entsprechenden Empfänger. Sie müssen für die Stromversorgung nicht mehr unbedingt über ein Ladekabel mit der Steckdose verbunden werden. Vielmehr kann der Nutzer das Mobiltelefon auf eine Ladestation legen, wo der Akku dann ohne Steckverbindung mit Strom versorgt wird.

Solche induktiven Ladestationen sind in der Schweiz noch nicht sonderlich verbreitet. Wer die 40 bis 60 Franken ausgibt, die ein solches Gadget kostet, leistet sich zu Hause oder im Büro ein kleines Stück Komfort. Denn mit der induktiven Ladestation entfällt das Ein- und Ausstecken des Ladekabels. Der Komfort hat jedoch seine Kehrseiten: Induktives Laden geht langsamer - und es verbraucht mehr Strom. Das Bundesamt für Energie hat nun die Folgen des induktiven Ladens auf den Stromverbrauch in einer Studie abschätzen lassen. Durchgeführt hat die Untersuchung die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM). Die FSM ist eine Gründung der ETH Zürich und von Industrieunternehmen im Mobilfunkbereich. Heute wird sie wesentlich durch das Telekomunternehmen Swisscom und durch Swissgrid, die Betreiberin des landesweiten Hochspannungsnetzes, finanziert. Die Stiftung versteht sich als unabhängige Forschungseinrichtung zu Chancen und Risiken von Mobilfunk- und Stromanwendungen, vor allem hinsichtlich elektromagnetischer Felder.

Bis zu zehn Mal höherer Stromverbrauch

Wissenschaftler der FSM haben in der jüngsten Studie die Verbräuche von fünf Ladestationen und vier Empfängern untersucht. Dabei hat sich bestätigt, dass induktives Laden mehr Strom braucht als das herkömmliche Laden mit Ladekabel: Beim induktiven Laden erreichen nur 50 bis 60 % des Stroms, der aus der Steckdose "gezogen" wird, den Akku des Mobiltelefons. Der Rest geht in Form von Wärme verloren. Ist das Mobiltelefon nicht mittig auf der Ladestation platziert, sinkt die Effizienz mitunter auf 40 %. Das Ladekabel ist mit 75 % deutlich effizienter.

Die genannten Zahlen sind erst die halbe Wahrheit. Ladestationen verbrauchen nämlich zudem Strom im Stand-by-Betrieb, und auch dieser liegt mitunter deutlich höher als beim kabelgebundenen Laden. Stand-by-Betrieb bedeutet: Der Ladevorgang ist abgeschlossen, das Mobiltelefon liegt aber weiterhin auf der Ladestation. Stand-by ist die Ladestation aber auch dann, wenn kein Mobiltelefon auf ihr liegt, denn auch jetzt ist die Ladestation mit der Steckdose verbunden. Die FSM-Studie hat diese beiden Formen des Stand-by-Verbrauchs ebenfalls gemessen. Ihr Fazit: "Als Faustregel kann man folgende Grössenordnungen des Stand-by-Verbrauchs nennen: kabelgebundenes Laden (eingestecktes Netzteil ohne Endgerät oder mit voll aufgeladenem Endgerät angeschlossen): um 100 -200 mW. Drahtlose Ladestation ohne aufgelegtes Endgerät: 200 - 400 mW, mit aufgelegtem Endgerät: 1 - 2 W. Induktive Ladestationen können also zehn Mal mehr Stand-by-Energie verbrauchenals kabelgebundene AC/DC-Netzteile allein."

30 GWh Mehrverbrauch

Der Stromverbrauch von induktiven Ladestationen hängt von der eingebauten Technik ab, aber auch vom Verhalten der Nutzer. Die FSM-Forscher haben für neun Anwendungsfälle den jährlichen Verbrauch für Laden und Stand-by errechnet (siehe Grafik Stromverbrauch). In den Anwendungsfällen kamen verschiedene Mobiltelefone und Ladestationen zum Einsatz, variiert wurde aber auch das Handling (wie lange das Mobiltelefon nach Abschluss des Ladevorgangs auf der Ladestation liegen blieb). Die Ergebnisse zeigen: Für das tägliche Aufladen benötigen Mobiltelefone im Jahr Strom im Umfang von gut zwei bis fünf Kilowattstunden (kWh). Hinzu kommt der Stand-by-Verbrauch, der beim induktiven Laden auf ein Jahr gerechnet zwischen 0,5 und 7,5 kWh liegt. Die Autoren der Studie gelangen denn auch zu einem erstaunlichen Fazit: "Im worst case wird mehr Strom für den Stand-byBetrieb benötigt als für das Aufladen der Batterie." Wer sparen will, sollte das Mobiltelefon also von der Ladestation nahmen, sobald es geladen ist. Sinnvoll ist zudem, beim Kauf auf energieeffiziente Technik zu achten. Dies betrifft insbesondere den in der Ladestation verbauten Adapter, da dieser massgeblich zum Stromverbrauch der Ladestation beiträgt.

Die Studie wagt auch einen Blick in die Zukunft: Würden alle Schweizer Mobiltelefone induktiv geladen, würde der Stromverbrauch gegenüber heute um 30 Gigawattstunden (GWh) zunehmen, schreiben die Autoren. Die Zunahme entspricht dem Stromverbrauch von 6600 Vier-Personen-Haushalten. "Dieser Mehrverbrauch entspricht ein bis zwei Promille des landesweiten Stromverbrauchs in Haushalten", sagt FSM-Geschäftsleiter und Co-Studienautor Gregor Dürrenberger. "Wer energie- bewusst leben will, entscheidet sich angesichts dieser Zahlen vielleicht dafür, beim herkömmlichen Ladekabel zu bleiben." Gregor Dürrenberger rät zugleich, die Relationen zu wahren. In anderen Lebensbereichen lasse sich Energie in weit grösseren Mengen sparen als beim Mobiltelefon.

Übertragungsfrequenz steuert Ladestrom

Induktives Laden braucht mehr Energie als ein Ladekabel - das ist intuitiv nachvollziehbar: Der metallische Leiter im Kabel ermöglicht den direkten Stromfluss. Es reicht hierbei, dass der Netzadapter den Wechselstrom aus der Steckdose in Gleichstrom von niedriger Spannung umwandelt. Das induktive Laden erfordert einen zusätzlichen Zwischenschritt, denn für die drahtlose Übertragung des Stroms braucht es ein elektromagnetisches Wechselfeld.  Induktives Laden wird immer höhere Verluste verursachen als Laden mit einem Ladekabel.

Allerdings hängen die Verluste während des Ladevorgangs auch im Stand-by-Betrieb von der technischen Realisierung ab. Heute dominiert bei induktiven Ladegeräten der Qi-Standard. Bei diesem Standard wird die Stärke des Ladestroms mittels Übertragungsfrequenz geregelt: Ist der Akku annähernd geladen, wird der Ladestrom sukzessive reduziert, indem die Übertragungsleistung durch "Verstimmung" des Empfängers reduziert wird. Dadurch sinkt der im Empfänger induzierte Ladestrom. Wenn die Batterie voll ist, wird bei werkseitig eingebauten Empfangsspulen ein end- of-charge-Signal an die Ladestation geschickt, die dann in den Stand-byBetrieb übergeht. Bei nachgerüsteten Mobiltelefonen ist das aber nicht der Fall und die Ladestation sendet in unveränderter Stärke weiter. Anders formuliert: Obwohl das Mobiltelefon geladen ist, "zieht" die Ladestation in dieser Konfiguration in beträchtlichem Mass Strom. Dieser hohe Stand-by-Verbrauch hält so lange an, bis das (geladene) Mobiltelefon von der Ladestation entfernt wird. Erst dann sinkt der Verbrauch der Ladestation - zwar nicht auf 0, aber auf einen 4 - 5-mal tieferen Wert.

Effizientere Lösungen auf dem Weg

Gut möglich, dass in Zukunft neue technische Lösungen mit tieferen Stand-by-Verbräuchen Verbreitung finden. In diese Richtung weist der AirFuel-Standard, der zweite technische Standard, der heute für die Konstruktion von induktiven Ladestationen eingesetzt wird, aber deutlich weniger verbreitet ist als der Qi-Standard. Beim AirFuel-Standard braucht die Ladestation nur Strom, solange der Ladevorgang läuft. Ist der Akku einmal gefüllt, sinkt der Stand-by-Verbrauch auf einen minimalen Wert, auch wenn das Mobiltelefon auf der Ladestation liegen bleibt.Stromsparende Lösungen erwartet Gregor Dürrenberger für die Zukunft auch bei den Adaptern, die den 220-Volt-Wechselstrom aus der Steckdose in den Ladestationen in 5-Volt-Gleichstrom umwandeln. Die EU-Verordnung 178/2009, die auch in der Schweiz gilt, begrenzt heute den maximalen Stromverbrauch von Adaptern auf 300 mW. In der FSM-Studie haben alle Adapter diesen Wert eingehalten. Der beste Adapter wies einen Verbrauch unter 10 mW auf. Wurde hingegen der Verbrauch der gesamten induktiven Ladestation betrachtet, lagen die Verbräuche teilweise höher. "Es herrscht hier ein gewisser Spielraum, wie die Vorgaben zu verstehen sind", sagt Gregor Dürrenberger. "Doch das ist kein grösseres Problem, zumal Adapter immer effizienter werden und die ineffizienten vom Markt verschwinden."

Strom aus der Luft (www.srf.ch)