Photovoltaik

Der Workshop nahm vorweg, was im Projektalltag selbstverständlich sein sollte: Teams aus Fachleuten und Laien mit unterschiedlichen Kompetenzen ringen um den richtigen Lösungsweg.

Eine der Erkenntnisse aus der ersten Runde des Workshops: Eine einmal gefundene Quartierlösung könnte als Modell dienen für künftige Vorhaben.

Beim Start eines Projekts stellt sich die Frage: Wer sind die treibenden Akteure im Hinblick auf einen starken Zubau von Photovoltaik im Siedlungsgebiet? Und wie bringt man diese zusammen?

RIBB-Workshop am Campus Brugg-Windisch

Pilotprojekt Quartierlösung: Solarenergie fürs Quartier

Der Workshop «PV-Prosumer und die Rolle von Quartieren» propagiert die Vernetzung unterschiedlicher Akteure rund um den Zubau von Photovoltaik in Siedlungsgebieten. Dabei soll der Nutzen von Produzenten, Konsumenten und weiterer Teilnehmer auf Quartierebene optimiert werden, damit ein beschleunigter Zubau gelingt.

«Workshop» ist gemeinhin schlecht in die deutsche Sprache zu übersetzen; ist Arbeitstagung oder Denkwerkstatt zutreffend? Im Unterschied zu Konferenzen, die geprägt sind von einer Abfolge von Vorträgen und anschliessender Fragerunde, beruht der Workshop auf einem offenen Darlegen von Fragen, von gedanklichen Einwürfen, ebenso auf einem intensiven Erfahrungsaustausch in kleinen Gruppen zu einem spezifischen Thema und seinen Aspekten – geleitet von einem Moderator. Richtig vorbereitet und in geeigneter Zusammensetzung der Teilnehmenden sprudeln die Ideen; umso anspruchsvoller, diese zu einem kohärenten Ganzen zusammenzufügen. Mitmachen von allen wird erwartet. Dieser intensive Austausch ist geprägt durch eine begrenzte, kompakte Zeitdauer.
Guido Bertozzi, Initiator des Workshops, Geschäftsführer des Vereins «Regionale Identität Baden-Brugg» (RIBB) verfolgt die Leitidee: Auf der Ebene Quartier sollten partizipative Projekte gefördert werden, welche die Themen Energie, Umwelt- und Mobilitäts-Themen verknüpfen. Damit soll mehr gesellschaftliche Akzeptanz, ökonomisch individuelle Möglichkeiten berücksichtigt und technisch optimierte Lösungen umgesetzt werden.

Unterschiedliche Akteure
Doch praktikable Wege der Zusammenarbeit müssen zuerst gefunden werden. Der Workshop, der Ende März auf dem Campus Brugg-Windisch der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) unter der Leitung von Serge Biollaz (vom Paul-Scherrer-Institut – PSI) durchgeführt wurde, sprach unterschiedliche Akteure an: Architekten, Hauseigentümer, Elektroinstallateure, Gemeinderäte, Energieberater/innen und andere mehr. Als Szenario wurde der künftig massive Zubau von Photovoltaik (PV) im Siedlungsgebiet auf bestehenden Gebäuden in den Raum gestellt. Die Frage des «Wer mit wem wie zusammen» wurde unter unterschiedlichen Perspektiven in mehreren zeitlich aufeinander folgenden Themenblocks erörtert; so etwa die folgenden:

1. Strom-Nutzung: Hierbei diskutierte man die Motivation für die PV-Stromproduktion und welche Engpässe für die jeweiligen Wertschöpfungsketten bestehen. Dabei bildeten sich drei Gruppen, welche die Unterthemen der Stromnutzung für a) Elektromobilität, b) Wärmeerzeugung und c) Wasserstoff-Erzeugung diskutierten.
Mit Hilfe eines Koordinators wurden jeweils Vorstellungen und Ideen in der Form von Stichworten und Skizzen auf einem Tafelschreibblock (Flipchart) notiert. Im Falle der Session rund um die Wärmeerzeugung kristallisierte sich der Wunsch nach einer Modelllösung heraus: Die Erfahrung zeigt, dass das Erstellen einer Eigenverbrauchsgemeinschaft (ZEV) quasi jedes Mal «auf der grünen Wiese» neu konzipiert wird. Man will deshalb die Anhäufung von Prototypen verlassen und zu einer vereinfachten, nachvollziehbaren Planung kommen, insbesondere auf Ebene Quartier, weil die Rahmenbedingungen für ZEV noch nicht optimal gestaltet sind (z. B. virtuelle Einbindung auf Netzebene 7).

2. Strom-Produktion: Unter diesem Titel diskutierte man die Handlungsoptionen massgebender Akteure, nämlich die a) Unternehmen, b) die Gemeinden/öffentliche Hand und c) die Investoren/Bürgerbeteiligungen. Die Diskussionsgruppe «Investoren» warf  Fragen auf wie z. B.: «Wie gross soll ein Quartier sein, damit eine Etappierung erfolgreich durchgeführt werden kann? Wie muss das Zusammenspiel der Produktion und des Absatzes gesteuert werden, damit der Eigenverbrauch aus der PV-Anlage eines Quartiers optimiert werden kann? In welcher juristischen Form bilden Interessierte eine Trägerschaft für die PV-Anlage (Verein, Genossenschaft)?»

3. Zusammenarbeit: Es stand die Frage im Raum, inwiefern die Akteure motiviert sind, für eine Zusammenarbeit, um den Ausbau von PV-Anlagen im Siedlungsgebiet gemeinsam voranzubringen. Wiederum drei Gruppen erörterten a) das gegenseitige Verständnis, b) gegenseitige Erwartungen und c) mögliche Ansätze der Zusammenarbeit. Unter b) wurden unterschiedliche Interessen sichtbar, die sich wie ein Bogen spannten von Energieversorgungsunternehmen, den Hauseigentümern, über Architekten und Fachplanern bis hin zum Heimat- bzw. Ortsbildschutz. Hier entstanden Fragestellungen, die erst ansatzweise diskutiert werden konnten. Die Zusammenarbeit im Kontext eines Quartiers verlangt nach geeigneten Trägerschaften, die konkrete Projekte voranbringen können und die Koordination übernommen wird.

Spiele, Konsolidierung und Rückblick
Am Nachmittag bestand Gelegenheit zwei Werkzeuge kennen zu lernen. «CitizenTalk» kann auf dem Handy gespielt werden und regt die Diskussion zu einer Einstiegsfrage an, wie z. B. «Welche Vorteile bietet eine Quartierlösung für den massiven Zubau von Photovoltaik im Siedlungsgebiet auf bestehenden Gebäuden?». Es wurde gezeigt, wie von einzelnen Teilnehmern über die App Antworten eingegeben werden, die darauf auf spielerische Weise bewertet werden. «Sarnetz», ein webbasiertes Online-Spiel wird in Gruppen gespielt, die die Modernisierung eines Dorfes so optimieren müssen, dass bei maximaler CO2-Einsparung minimale Kosten entstehen. Zur Verfügung standen Photovoltaikanlagen, Wärmeverbund und Wärmepumpen, mit welchen Ölheizungen ersetzt werden konnten. Eine dritte Gruppe konsolidierte die Ergebnisse aus den Sessionen am Morgen. Die Berichterstatter aus den verschiedenen Gruppen waren so platziert, dass alle 9 Themen vertreten waren. So wurde sichergestellt, dass der Vernetzung der Gedanken entsprechend Raum geschenkt wurde.

Fazit
Das Ergebnis aus diesem Tages-Workshop kann nicht abschliessend festgehalten werden. Doch aufgrund der Ergebnisse wurde ein 10-seitiges Grundlagenpapier erarbeitet und in die Vernehmlassung geschickt, um darauf aufzubauen. Bei der Schlussdiskussion wurde deutlich, dass es mindestens drei Trägerschaften braucht für den erfolgreichen Ausbau von Photovoltaik:
■ Es braucht Trägerschaften für konkrete Projekte in den Quartieren.
■ Es braucht ein Netzwerk von Experten, welche die konkreten Projekte begleiten.
■ Es braucht eine Trägerschaft, welche die Rahmenbedingungen auf geeignete Weise gestaltet.

Das Zusammenspiel muss über alle Ebenen hinweg viel stärker Hand in Hand gehen, damit die Energieziele erreicht werden können. Das Dokument kann beim Geschäftsführer von RIBB angefordert werden.

ribb.ch