Beat Aebi, wie wirken sich in Ihrem Business die gegenwärtig schwierigeren wirtschaftlichen Zeiten aus? Wo drückt der Schuh am meisten?
Die aktuell herausfordernde und volatile wirtschaftliche Lage führt zu einem leichten Rückgang der Bautätigkeit, da die Inflation und höhere Zinsen die Investitionsbereitschaft beeinträchtigen. Darüber hinaus spüren wir Vorzieheffekte aus dem COVID-19-bedingten Renovations-Trend der letzten Jahre sowie der temporären Verschiebung der Investitionen von Sanitär- zu Heizungslösungen, hauptsächlich zu Wärmepumpen aber auch in Solaranlagen.
Dennoch gibt es auch positive Einflussfaktoren für die Sanitärindustrie, wie den grundsätzlichen Bedarf an Renovierungen und Neubauten im Wohnungsbau sowie den strukturellen Trend zu höherwertigen Sanitärstandards.
Geberit spricht im Zusammenhang mit der Aktion «50 Jahre Ersatzteile» von besonderen Nachhaltigkeitsanstrengungen der Unternehmung. Was wurde bei Ihren Produkten für die Gebäudetechnik in dieser Hinsicht erreicht? Wo steht das Unternehmen?
Seit Jahrzenten bildet Nachhaltigkeit einen integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie von Geberit. Unser Ziel ist es, mit innovativen Sanitärprodukten die Lebensqualität der Menschen kontinuierlich zu verbessern. Um das zu erreichen, entwickeln, produzieren und vermarkten wir Sanitärprodukte und Dienstleistungen immer unter Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten.
Ein Beispiel dafür sind die Geberit-Unterputzspülkasten, die fast für die Ewigkeit gebaut sind. Auch bald 60 Jahre nach deren Lancierung können wir passende Ersatzteile anbieten. Dies hat uns dazu bewogen neu eine 50-Jahre-Ersatzteilsicherheit auf alle austauschbaren mechanischen Teile des UP-Spülkastens anzubieten und zu garantieren. Dies ist einzigartig und darüber hinaus ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Mit KI-Steuerungen lassen sich Energieverbräuche nachhaltig optimieren. Wie geht Geberit mit solchen Entwicklungen um?
KI eignet sich für spannende Ideen und Gedankenspiele. Im Hintergrund wird auch an verschiedensten Themen geforscht. Auf der anderen Seite muss man realistisch sein. Die sanitärtechnischen Systeme sind für Jahrzehnte entwickelt und sollen auch lange Bestand haben. Beim Einsatz moderner Techniken, welche sich unheimlich schnell weiterentwickeln, stellt sich dann die Frage wie es mit solchen Systemen in ein paar Jahren aussieht. Auch spüren wir überwiegend Zurückhaltung bei diesem Thema.
Trotzdem sind wir mit «Geberit Connect» in Verbindung mit der Zukunft. Geberit Connect ist eine zukunftsweisende Plattform zur Vernetzung von Sanitärapparaten und bietet die Möglichkeit eines ganzheitlichen effizienten und dadurch wirtschaftlichen Betriebs von Sanitärinstallationen. Zahlreiche Geberit-Produkte wie WCs, Urinale, Waschtischarmaturen sowie Hygienespülungen können in das vernetzte System eingebunden werden, sei es für eine Anbindung an eine Gebäudeautomation oder die zentrale Bedienung der Sanitärapparate direkt über das Geberit Gateway, welches das Bindeglied zwischen Geberit-Produkten (Steuerungen) und der Gebäudeleittechnik darstellt. Die Bedienung, Wartung und Protokollierung erfolgen über die Geberit Control App.
Ein Problem sind die zunehmende Zahl von Fällen, in denen sich Kaltwasser durch gebäudetechnische Anlagen oder durch erhöhte Umgebungstemperaturen auf über 25 °C erwärmt und die Vermehrung von Legionellen begünstigt wird. Was hat Ihre Studie in dieser Hinsicht ergeben? Was folgert sich daraus?
Die Temperaturhaltung im Kaltwasserverteilsystem hat Einfluss auf die gesamte Planung und Ausführung und muss daher frühzeitig im Prozess berücksichtig werden. Das Kaltwasserverteilsystem muss so ausgelegt sein, dass das Kaltwasser auf den Leitungsabschnitten zwischen dem Hausanschluss und den Entnahmestellen nur einen geringen Temperaturanstieg erfährt.
Die Schachtausflockung darf nicht als Ersatz für die Dämmung von Rohrleitungen betrachtet werden. Im Gegenteil, sie kann die wärmetechnischen Eigenschaften von Trinkwasserverteilsystemen sogar negativ beeinflussen. Stattdessen sollten stärker gedämmte Kaltwasserleitungen eingesetzt werden. Dadurch kann die Kaltwassererwärmung in Steigzonen von Trinkwasserverteilungssystemen, insbesondere in Wohnbauten mit begrenztem Platzangebot, wirkungsvoll minimiert werden. Dies kann mit planbarem Aufwand erreicht werden und die normativ geforderten Werte können eingehalten werden.
Der Einbau von Trennwänden zur thermischen Trennung von Kaltwasser- und Warmwasserleitungen ist in Installationswänden eine weitere Möglichkeit zur Verzögerung der Kaltwassererwärmung in Steigzonen. Allerdings ist es in der Praxis sehr herausfordernd bis unmöglich, die thermische Trennung durch Abgänge und Querungen in der Steigzone dicht auszuführen. Bei Grossbauten ist der Einsatz von getrennten Schächten anzustreben.
Die Suissetec wird zu diesem Thema demnächst das Merkblatt «Kaltwasser soll kalt bleiben – Verzögerung der Kaltwassererwärmung in Steigzonen» publizieren, bei dem wir aktiv mitgearbeitet haben und unsere Erkenntnisse aus Labor und Praxis eingeflossen sind.
Welche geeigneten Massnahmen haben Sie hier im Fokus?
Der Fokus liegt bei der stärkeren Dämmung der Kaltwassersteigleitung. Mit einer PIR-Dämmung 50 mm kann das gleiche Resultate erzielt werden wie bei einer thermischen Trennung und dies bei geringerem Aufwand.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Ihrer Innovation ProTect System, das ein Ausflocken der Vorwände ersetzt?
Das neuartige Schall- und Brandschutzsystem Geberit ProTect erlaubt die schnelle und sichere Installation von Sanitärwänden, ohne dass weitere Dienstleister oder zusätzliche Produkte benötigt werden. Die zahlreichen Rückmeldungen bestätigen, dass die Arbeitsprozesse auf der Baustelle einfacher, flexibler und kalkulierbarer werden. Zudem bleibt die gesamte Wertschöpfung in der Sanitärbranche.
ProTect ist ein Gesamtsystem, das Schallschutz nach SIA 181 erfüllt und über die VKF-Anerkennung für den Brandschutz verfügt. Der Einsatz ist bei den Geberit-Installationssystemen GIS und Duofix möglich und führt zu einer zertifizierten Systemlösung, die alle Normen und Regeln garantiert erfüllt. Neuartige Elemente wie SilentPanel bieten eine ökonomische und ökologische Lösung, die Schallreflektionen innerhalb der Wand zu reduzieren. Das Material verfügt über einen hohen Absorbierungsgrad von Abwassergeräuschen.
Bei umfangreichen Schallschutztests wurde die Gleichwertigkeit der neuen SilentPanels gegenüber ausgeflockten Installationswänden bestätigt. Und auch bei diesem Produkt kommt die Nachhaltigkeit stark zum Ausdruck. Zum einen benötigt es bedeutend weniger Material als beim Ausflocken, zum anderen sind die SilentPanels aus PET, wovon 60% aus Recycling stammen.
Wie wurde FlowFit von der Branche aufgenommen?
Wirklich grosse Innovationen im Bereich der Versorgungssysteme schienen kaum mehr möglich. Wir können trotz aller Bescheidenheit heute mit Stolz behaupten, dass wir ein System, das sich ganz an den drei Hauptbedürfnissen der Sanitärinstallateure und Planer orientiert – Sicherheit, Hygiene und Verarbeitungskomfort – lanciert haben. Das zeigen uns auch die zahlreichen positiven Feedbacks aus der Praxis. Das System wurde sehr positiv aufgenommen, wir sind sehr zufrieden mit dem Start.
Was zeichnet Ihre neue WC-Spültechnik TurboFlush explizit aus? Was ist besser als bei der Konkurrenz?
Durch die optimale Abstimmung des Unterputz-Spülkastens und der WC-Keramik entsteht ein einzigartiges WC-System, das Installateuren und Badnutzer überzeugende Vorteile bietet. Der gesamte Wasserweg vom Spülkasten über das WC bis hinein in die Abflussleitung ist optimiert. Die Innengeometrie unserer WC-Keramiken ist so ausgelegt, dass die Energie des Spülkastens in die bestmögliche WC-Ausspülung umgesetzt wird. Sie leitet das Spülwasser in einem kraftvollen Strudel durch die spülrandlose Keramik. Das ausströmende Wasser wird präzise gesteuert und ermöglicht eine vollständige Flächenspülung ohne Überspritzen. Die Ausspülperformance ist damit um bis zu 10-mal höher als normativ gefordert wird und trotzdem besonders geräuscharm.
Dank cleveren Verbindungstechniken und werkzeugloser Verarbeitung wird die komplette Montage deutlich vereinfacht und kann um 40 Prozent schneller erfolgen als bei herkömmlichen Spülkästen und WC-Keramiken. Und wie vorhin bereits erwähnt, bietet Geberit die einzigartige 50-Jahre-Ersatzteilsicherheit auf alle austauschbaren, mechanischen Teile des UP-Spülkastens. Davon profitieren auch Endkunden: Sie bekommen ein WC-System, das auch nach Jahrzehnten problemlos gewartet und auf dem neusten technischen Stand gehalten werden kann.
Was ist in diesem Jahr von Geberit an Innovationen für die Branche noch zu erwarten? Was wird vorgestellt und was ist in Planung?
Die laufende Optimierung und die Ergänzung des Sortiments sind entscheidend für den zukünftigen Erfolg und ist Teil unserer DNA. Die Innovationskraft basiert auf Forschung in Gebieten wie Hydraulik, Akustik, Statik, Brandschutz oder Hygiene sowie Verfahrens- und Werkstofftechnik. Die gewonnenen Erkenntnisse werden bei der Entwicklung von Produkten zum Nutzen der Kunden systematisch umgesetzt.
So können wir auch dieses Jahr eine Vielzahl an Neuigkeiten und Sortimentsergänzungen lancieren. Das Highlight neben weiteren Neuheiten ist in diesem Jahr das neue Acanto WC mit der TurboFlush-Spültechnik. Daneben bringen wir eine neue Generation von Hygienespülungen und weitere innovative Produkte in den Segmenten Entwässerung, Apparateanschlüsse und Rohrleitungssystemen auf den Markt.
Im Bereich der Badausstattung lancieren wir unter anderem die schlanke Duschrinne CleanLine50 mit einem neuen Profil, setzen neue Akzente bei der Badserie Geberit One in der Trendfarbe Schwarz matt und mit dem erweiterten Option-Lichtspiegel-Sortiment bieten wir bis zu 40 Modelle für unterschiedliche Baddesigns und Platzverhältnisse. Aber auch für die kommenden Jahre bleibt die Pipeline gut gefüllt.