Abb.1: Trinkwasserleitung in Kanalisationsschacht (Bilder: SVGW)

Abb.2: Beispiel Rückfliessen von Badewannenwasser, wenn die Absperrarmaturen bei der Verteilbatterie im Untergeschoss geschlossen werden und z.B. der Bademischer und der Küchenmischer geöffnet sind. Der Unterdruck pu ergibt sich aus der resultierenden Wassersäule hnetto. Bei den Wassersäulen h1 und h2 heben sich die nach oben steigenden und nach unten fallenden Wassersäulen und die daraus resultierenden Kräfte gegenseitig auf.

Abb.3: Folgende Sicherungseinrichtungen sind erlaubt: Rohrunterbrecher Bauart DB (150 mm), Rohrbelüfter Bauart HD (250 mm), Belüfter Bauart LB (300 mm)

Abb.4: Fusspflegestuhl mit unzulässigem Brauseschlauch und Handbrause

Abb.5: Fusspflegebecken korrekt ausgeführt

Rückflussverhinderung

Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen

Um eine einwandfreie Trinkwasserqualität sicher zu stellen, darf das Trinkwasser zu keiner Zeit mit Flüssigkeiten in Kontakt kommen, die keine Trinkwasserqualität haben. Um dieses Schutzziel zu erreichen, sind Gebäude-Trinkwasserinstallationen nach den anerkannten Regeln der Technik gemäss der SVGW-Richtlinie W3 und den mitgeltenden Ergänzungen E1 bis E4 zu planen, zu bauen und zu betreiben.

Durch die Verwendung von nicht geeigneten Leitungsmaterialien und Armaturen sowie nicht fachgerecht erstellten Apparateanschlüssen können unterschiedliche Gefahren für die Trinkwasserqualität entstehen. Diese können sowohl für die Gebäude-Trinkwasserinstallation wie auch für das kommunale Wasserverteilnetz nachhaltig negative Auswirkungen haben.

Ursachen für eine Trinkwasserverschmutzung

In Gebäude-Trinkwasserinstallationen gibt es drei Gründe, die zu einer Gefährdung des Trinkwassers durch Nicht-Trinkwasser führen können. Das Querfliessen, das Rückfliessen und das Rückdrücken, im Folgenden kurz erklärt:

Querfliessen

Querflüsse entstehen immer, sobald in einer Verteilleitung Wasser fliesst. Grund dafür sind die unterschiedlichen Fliessgeschwindigkeiten und damit verbunden, die unterschiedlichen Betriebsdrücke in den einzelnen Teilstrecken einer Verteilleitung. In einer Teilstrecke (A) mit grossem Trinkwasserbezug und daraus folgend hoher Fliessgeschwindigkeit sinkt gemäss dem Gesetz von Bernoulli der Fliessdruck. Das hat zur Folge, dass in einer benachbarten Teilstrecke (B) mit geringem oder Null-Trinkwasserbezug ein höherer Betriebsdruck herrscht. Dieser höhere Betriebsdruck bzw. der daraus resultierende Druckunterschied bewirkt, dass Wasser aus der Teilstrecke (B) zur Teilstrecke (A) fliesst. Die Wirkung verstärkt sich, je grösser der Durchfluss und daraus folgend die Fliessgeschwindigkeit in der Teilstrecke (A) ist.

Rückfliessen

Die Ursachen für das Rückfliessen sind die geodätischen Höhenunterschiede in einem Wasserverteilnetz oder in einer Gebäude-Trinkwasserinstallation. Immer wenn eine Steigleitung abgesperrt wird und diese aufgrund eines Wasserbezugs oder wegen Instandhaltungsarbeiten entleert wird, erzeugt die nachunten fliessende Wassersäule eine Unterdrucksituation an den oberen Punkten der Installation.

Dem Unterdruck pu sind jedoch Grenzen gesetzt, denn pu kann nicht grösser sein als der atmosphärische Druck patm, der die nach unten fliessende Wassersäule pWS am Auslaufen hindert. In Abhängigkeit mit der jeweiligen Wetterbedingung beträgt z.B. der maximale Unterdruck pu in einer Trinkwasserinstallation auf Meereshöhe ca. -100 kPa (-1.00 bar).

Bei fehlender oder unzureichender Sicherungseinrichtung können bei einer allfälligen Verbindung der Gebäude-Trinkwasserinstallation mit einer Nicht-Trinkwasserinstallation unzulässige Flüssigkeiten in das Trinkwasser zurückfliessen bzw. «zurückgesaugt» werden (vgl. Abb. 2).

Rückdrücken

Beim Rückdrücken fliesst allfällig verschmutztes Wasser von einem höheren Drucksystem in die Gebäude-Trinkwasserinstallation zurück. Beispiel dafür sind Regenwassernutzungsanlagen, die über eine Druckerhöhungsanlage fest mit der Gebäude-Trinkwasserinstallation verbunden sind.

Neues Merkblatt «Rückflussverhinderung in Entwässerungsanlagen»

Die anerkannten Regeln der Technik für den Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen durch Rückfliessen werden in der SVGW-Richtlinie W3/E1 beschrieben. Diese Richtlinie ist seit Januar 2013 in Kraft und ist seit diesem Zeitpunkt anzuwenden. Die SVGW-Richtlinie basiert auf der Norm SN EN 1717, die seit 2001 in Kraft ist.

In der SVGW-Richtlinie W3/E1 werden Flüssigkeiten entsprechend ihrer Gefährdung in 5 Flüssigkeitskategorien eingeteilt. Dabei wird das Lebensmittel Trinkwasser in die Kategorie 1 eingestuft. Sobald es erwärmt wird, erfolgt die Einteilung in die Kategorie 2. Schwimmbeckenwasser oder Wasser aus Körperreinigung wie Badewannenwasser oder Wasser für Tiertränken werden der höchsten Gefährdungsstufe Kategorie 5 zugeordnet. Ist die Flüssigkeitskategorie bestimmt, kann mithilfe der Richtlinie W3/E1, Tabelle 3 die Sicherungseinrichtung ausgewählt werden.

Fragen aus der Praxis geben oft Anlass, Sachverhalte in SVGW-Merkblättern näher zu umschreiben. So auch die Anfrage einer Wasserversorgung, in deren Versorgungsgebiet eine Trinkwasserleitung ohne Sicherungseinrichtung in einem Kanalisationsschacht installiert war. (vgl. Abb. 1). Das Spülen der Kanalisation mittels Trinkwasserleitungen ist nicht mehr Stand der Technik und muss im dargestellten Fall bis zum Abzweig im Wasserverteilnetz zurückgebaut und der Abzweig verschlossen werden. Die Reinigung der Kanalisation wird neu durch ein Kanalisationsreinigungsfahrzeug sichergestellt. Dieser Fall und andere Problemstellungen in Zusammenhang mit den kommunalen Entwässerungsanlagen wie Abwasserreinigungsanlagen, Pumpstationen oder Regenbecken haben den SVGW dazu bewogen, in einer paritätischen Arbeitstruppe bestehend aus Vertretern der Wasserversorgungen und der Entwässerungsanlagen das neue SVGW-Merkblatt W10035 «Rückflussverhinderung in Entwässerungsanlagen» (seit 2023 in Kraft) zu erarbeiten.

Trinkwassergefährdung in Gebäude-Trinkwasserinstallationen

Eine Gefährdung der Trinkwasserqualität besteht nicht nur in kommunalen Entwässerungsanlagen, sondern auch in den Gebäude-Trinkwasserinstallationen. Grund dafür sind z.B. nicht fachgerecht ausgeführte oder unzulässige Verbindungen zwischen der Trinkwasserinstallation und dem Entwässerungssystem oder anderen «Wässern», die nicht der Trinkwasserqualität gemäss den Lebensmittelgesetzgebungen entsprechen.

Apparate, die direkt bzw. fest an das Entwässerungssystem angeschlossen sind, gelten aus Sicht der Trinkwasserhygiene als Bestandteil der Entwässerung (Beispiele: Waschtisch, Badewanne u.ä.m.). Das Wasser im Apparat, das über den Siphon mit dem Entwässerungssystem in Kontakt steht, wird gemäss der SVGW-Richtlinie W3/E1 in die Flüssigkeitskategorie 5 eingestuft.

Badewannenfüllung über den Wannenüberlauf

Für die Befüllung von Badewannen gibt es eine Vielzahl von Entnahmearmaturen, die als Auf- oder Unterputzmischer mit Stand- oder Wandauslauf erhältlich sind. Stand- und Wandausläufe, die den von der Richtlinie W3/E1 geforderten Mindestabstand zum Badewannenrand einhalten, gelten als «Freier Auslauf Bauart AA» und bieten den grössten Schutz für die Trinkwasserqualität.

Aus Gründen der Ästhetik und des Komforts sind seit vielen Jahren auch Produkte erhältlich, mit denen die Badewannen über den Wannenüberlauf gefüllt werden können. In diesen Installationen wird das Kalt- und Warmwasser in der Unterputz-Entnahmearmatur zuerst gemischt und fliesst anschliessend über eine Leitung zum Wasseraustritt, der sich knapp oberhalb der Wannenüberlauföffnung aber deutlich unter dem Badewannenrand befindet (Badewannenfüllung durch den Überlauf).

Der Badewannenrand seinerseits stellt den höchstmöglichen Wasserspiegel dar. Denn, ist der Trinkwasserzufluss grösser als die Abflussleistung über den Wannenüberlauf - was mit den heutigen Unterputzarmaturen meistens der Fall ist -, dann kann das in die Kategorie 5 eingestufte Badewasser im schlimmsten Fall bis zum Badewannenrand aufstauen und eine Trinkwasser-Schmutzwasserverbindung verursachen.

Entleert sich zudem gewollt oder ungewollt, z.B. wegen einem Leitungsbruch oder einem Serviceeinsatz durch den Sanitär-Installateur, die Verteilleitung, dann hat der erzeugte Unterdruck in der Steigleitung zur Folge, dass über die geöffnete Entnahmearmatur das Badewasser der Kategorie 5 bis in die Trinkwasserinstallation der Kategorie 1 zurückfliesst.

Eine solche Verkettung unglücklicher Umstände ist möglich und in der Vergangenheit tatsächlich auch schon vorgekommen. Zudem gilt gemäss Lebensmittelgesetz das sogenannte Vorsorgeprinzip, was so viel bedeutet, dass technisch alles unternommen werden muss, damit zu keiner Zeit die Trinkwasserhygiene gefährdet wird. Weil aber in der Richtlinie W3/E1 die Wahrscheinlichkeit als eher gering eingestuft wird, kann bei der Badewannenfüllung über den Wannenüberlauf das Trinkwasser mit einer Sicherungseinrichtung für die Kategorie 3 vor dem Badewasser der Kategorie 5 abgesichert werden.

Folgende Sicherungseinrichtungen sind dafür erlaubt:

  • Rohrunterbrecher Bauart DB (150 mm)
  • Rohrbelüfter Bauart HD (250 mm)
  • Belüfter Bauart LB (300 mm).

Je nach Detail-Konstruktion der Sicherungseinrichtungen, variiert der Sicherheitsabstand zwischen der Unterkante der Sicherungseinrichtung und der Oberkante des Badewannenrands (höchstmöglicher Wasserspiegel).

Der Abstand zwischen der Unterkante Sicherungseinrichtung bis zum Badewannenrand muss zwingend als Sicherheitsabstand eingehalten werden. Denn bei einem Unterdruck wird in einem ersten Moment das Badewasser in die Trinkwasserzulaufleitung so lange «zurückgesaugt», bis die Belüftungseinrichtung öffnet und ein Druckausgleich mit der Atmosphäre erfolgt. Erst dieser Druckausgleich bewirkt, dass das angesaugte Badewasser wieder in die Badewanne zurückfliesst. Das Einhalten des Sicherheitsabstandes ist zudem wichtig, weil mit der Zeit auftretende Ablagerungen an den Innenoberflächen das Öffnen des Belüfters verzögern.

Ist die Sicherungseinrichtung ein Bestandteil der Entnahmearmatur, dann muss die Sicherungseinrichtung im Herstellwerk in die Entnahmearmatur eingebaut werden. Die separate Lieferung der Sicherungseinrichtung und das Delegieren des Einbaus mittels Montageanweisung an den Sanitärinstallateur ist unzulässig. Entsprechend, in welcher Einbaulage sich die Sicherungseinrichtung in der Entnahmearmatur befindet, muss der Hersteller die von der Richtlinie W3/E1 geforderten Sicherheitsabstände berücksichtigen und mit den Kalt- und Warmwasseranschlussmassen abstimmen und in der Planungs- und Montageanleitung angeben. Wenn sich der Sanitär-Installateur beim Einbauen an die Montageanleitung des Herstellers und die darin angegebenen Montagehöhen hält, ist er auf der sicheren Seite.

Badewannenfüllung nicht über den Wannenüberlauf

Im Vergleich zu der Badewannenfüllung über den Wannenüberlauf ist bei der Badewannenfüllung über allfällige Massagedüsen oder über das Ablaufventil das Trinkwasser in ständigem Kontakt mit dem Badewasser der Kategorie 5. Die Gefährdung einer Trinkwasserverschmutzung ist dabei wesentlich höher.

Die direkte Befüllung einer Whirlpool-Wanne über die Massagedüsen oder die Befüllung einer Badewanne über das Ablaufventil ist deshalb unzulässig. Wenn, dann muss der Anschluss an die Trinkwasserinstallation über einen freien Auslauf Bauart AA oder Bauart AB erfolgen.

Fusspflegestuhl mit Fusspflegebecken

Nagelstudios und Fusspflegestudios erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die darin aufgestellten Fusspflegestühle sind manchenorts zusätzlich mit einem Fussbecken ausgestattet und an die Trinkwasserinstallation kalt und warm angeschlossen (Abb. 4). Bei Fusspflegebecken, die mit einem Brauseschlauch ausgestattet sind, besteht die Gefahr, dass die Handbrause in das mit Wasser der Kategorie 5 gefüllte Becken zu liegen kommt. Beim Reinigen der Füsse besteht zudem die Gefahr, dass Schmutzpartikel, Keime, Fuss- und Nagelpilze mit der Handbrause in Berührung kommen.

Im Gegensatz zum Wohnungsbereich besteht im gewerblichen Bereich über einen längeren Zeitraum des Tages die Gefahr einer Trinkwasserverschmutzung. Die Verwendung eines Brauseschlauchs mit Handbrause bei einem Fusspflegebecken ist deshalb nicht vergleichbar mit der Verwendung eines Duschschlauchs mit Handbrause im Wohnungsbereich. Die Fusspflegestühle sind so zu bauen oder umzubauen, dass die Befüllung der Fusspflegebecken über einen fest installierten freien Auslauf Bauart AA erfolgt (Abb. 5).

Der vollständige Beitrag ist in p+i 03-04/23 erschienen