Mit der schweizweiten Einführung von Bildungscoachs soll dauerhaft eine gute Ausbildungskultur etabliert werden. (Bild: zVg)

Schweizweite Einführung von Bildungscoachs zur Stärkung der Ausbildungskultur

Die Delegierten von Suissetec gaben an der diesjährigen Frühjahrs-Delegiertenversammlung letzte Woche grünes Licht zur flächendeckenden Einführung von Bildungscoachs in der Schweiz und Liechtenstein. Sie bekräftigen damit ihren Einsatz für eine bessere Ausbildungskultur in der Branche.

In der boomenden Gebäudetechnikbranche herrscht ein immenser Fachkräftebedarf. Dies ist einerseits auf die riesige Nachfrage, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, zurückzuführen und sehr erfreulich. Andererseits verliert die Branche Jahr für Jahr viele Lehrlinge und so einen Teil ihres Fundaments der Zukunft.

Jugendliche Berufsschicksale und Verluste in Millionenhöhe

Mehr als ein Viertel aller Lehrverträge werden während der Berufslehre aufgelöst (28 Prozent), und rund jede fünfte Person besteht die Lehrabschlussprüfung nicht (21 Prozent). Das hat gravierende Folgen: Nur 57 von 100 Lehrlingen in der Gebäudetechnik schliessen die Berufslehre erfolgreich ab.

Wenn der Berufseinstieg nicht wie gewünscht gelingt, verbergen sich hinter den nackten Zahlen vor allem jugendliche Berufsschicksale. Die unbefriedigende Situation gibt aber auch insgesamt zu denken, verliert die Branche doch viele der dringend benötigten Fachkräfte bereits während der Lehre, betont Suissetec. Und die hohen Abbruch- und Durchfallquoten gehen mit über zehn Millionen Franken «Schaden» pro Jahr ganz ordentlich ins Geld.

Bildungsoffensive mit zahlreichen Aktivitäten und Massnahmen

Die Herausforderungen betreffen zwar auch andere Branchen, sind aber im Bausektor offenkundig. Um die energie- und klimapolitischen Ziele des Bundes zu erreichen, hat EnergieSchweiz anfangs 2022 zusammen mit zahlreichen Akteuren und Verbänden – darunter auch Suissetec – die Bildungsoffensive Gebäude lanciert. Diese umfasst zahlreiche Massnahmen in vier Handlungsfeldern (Ausbildung, Weiterbildung, Branchenimage, Netzwerk) und soll unter anderem ermuntern, sich aktiv für mehr Fachkräfte im Gebäudebereich einzusetzen.

Viele der umfangreichen Aktivitäten von Suissetec, wie zum Beispiel Nachwuchs- und Imagekampagnen, Lehrmeistertage, Qualitätssicherungsmassnahmen oder das Bereitstellen von hochwertigen Bildungsmedien, wurden schon vor langer Zeit initiiert. Sie tragen zwar erste Früchte, reichen aber noch nicht aus. Im Alltag sind speziell die Unternehmen gefordert, für ihre Mitarbeiter ein motivierendes Lern- und Arbeitsumfeld zu schaffen. Sie sind hauptverantwortlich dafür, dass junge Menschen wie gestandene Profis attraktive Rahmenbedingungen vorfinden, um dauerhaft Qualitätsarbeit zu erbringen. Nur so bleiben sie den Planungs- bzw. Installationsbetrieben langfristig erhalten.

Ausbildungskultur in den Betrieben zentral

Die Gebäudetechniker/-innen gehen nun voran. Selbstkritisch haben sie sich eingestanden, dass es so nicht weitergehen kann und sie aktiv etwas Grundlegendes verändern wollen: Die sehr positive Erfahrung mit Bildungscoachs in einer Suissetec-Sektion mündete nach umfangreicher Abklärungs- und Vorbereitungszeit im Antrag, dem Bildungscoach national zum Durchbruch zu verhelfen und ihn flächendeckend einzuführen (inkl. Liechtenstein). Die Delegierten von Suissetec haben nun anlässlich der Frühjahrs-Delegiertenversammlung in Visp VS grünes Licht gegeben. «Ein Meilenstein mit Signalwirkung, hoffentlich mit Vorbildcharakter weit über unsere Branche hinaus», so der Suissetec-Bildungsverantwortliche Alois Gartmann.

Mit der schweizweiten Einführung von Bildungscoachs soll dauerhaft eine gute Ausbildungskultur etabliert werden. Das ambitionierte Ziel lautet, die Abbruch- und Durchfallquoten auf unter 10 Prozent zu senken. Damit würden die gesprochenen, wiederkehrenden Investitionen von rund 1.15 Mio. Franken sowie der einmalige Initialaufwand von 150 000 Franken mehr als wettgemacht.

Noch bedeutender, aber kaum bezifferbar, schreibt Suissetec, ist der nicht-monetäre Nutzen für Lehrlinge, Betriebe sowie die Gebäudetechnikbranche insgesamt. Und im Endeffekt für die gesamte Gesellschaft, wenn genügend qualifizierte Fachpersonen für frische Luft, sauberes Trinkwasser sowie Sicherheit, Komfort und Behaglichkeit sorgten.

Bildungscoach unterstützt Ausbildende und Lehrbetriebe

Was jeder allein nicht schafft, soll nun vom Zentralverband und den Sektionen mit dem Projekt Bildungscoach gemeinsam angepackt werden: Eine Veränderung der Ausbildungskultur auf freiwilliger Basis, aber konzertiert und auf die jeweilige Situation des Lehrbetriebs abgestimmt.

Den Sektionen obliegt die Einstellung von insgesamt rund einem Dutzend regionaler Bildungscoachs, die die mehr als 2000 Suissetec-Ausbildungsbetriebe mindestens einmal jährlich besuchen und auditieren. Die Bildungscoachs sollen explizit für die Unterstützung der Betriebe und ihrer Ausbildungsverantwortlichen zuständig sein – und nicht für die Lehrlinge. Suissetec als Zentralverband wird den Erfahrungsaustausch und die Weiterbildung der Bildungscoachs koordinieren und die Qualitätssicherung wahrnehmen. Die Umsetzung soll umgehend in Angriff genommen werden.