Am Vorabend des Symposiums wurde zu Ehren von Fritz Nüssle im Speisesaal des AkademieHotels ein Nachtessen mit Rahmenprogramm durchgeführt. Nüssle war bis vor wenigen Jahren geschäftsführender Gesellschafter der Firma Zent-Frenger. Die Entwicklung der Kühldecke in Deutschland geht auf seine Initiative zurück und auch bei der Betonkerntemperierung zählt er zu den Pionieren. Die moderne TGA-Technik im TWK-Neubau wurde von ihm geplant. Für den Latentenergiespeicher (Eisspeicher) hat er ein neues Konzept entwickelt. Die TWK GmbH bedankte sich mit dieser Veranstaltung für seinen hervorragenden langjährigen Einsatz.
Am Morgen des 6. Aprils eröffnete Prof. Dr.-Ing. Johannes Reichelt das Symposium und versprach den anwesenden Teilnehmern einen spannenden und anregenden Tag mit den Beiträgen der versierten Referenten.
Längsschnitt durch eine Entwicklung
Roland Koenigsdorff von der Hochschule Biberach behandelte in seinem Vortrag das Thema Heizen und Kühlen mit Luft, Fläche und Volumen. Auf in den 70er-Jahren gebaute, innovative und zunehmend aufwendigere Nur-Luft-Klimaanlagen folgten bis Ende der 80er-Jahre Kühldecken, deren Einsatzgebiet später zu Heiz-Kühldecken erweitert wurde. Diese Flächensysteme wurden ab Mitte der 90er-Jahre durch thermoaktive Bauteilsysteme (TABS), vornehmlich Betonkerntemperierung, ergänzt, womit Volumen und thermische Kapazität des Baukörpers gezielt und aktiv für die Raumkonditionierung und energetische Gebäude-Bewirtschaftung herangezogen wurden.
Doch damit sind diese Entwicklung und die ihr zugrunde liegenden Innovationen keineswegs vollständig beschrieben. Ausführung und Qualität der äusseren Flächen von Gebäuden, der Fassaden, sind mitentscheidend für den gewollten oder unerwünschten Luftaustausch und mögliche Zugerscheinungen durch Kaltluft. Dies führte bei Konzepten mit Heiz-Kühldecken ohne aktive Heizelemente an den Fassaden zur Notwendigkeit ganzheitlicher und technologieübergreifender Planungs-, Qualitätssicherungs- und auch Haftungskonstellationen, welche später für Gebäude mit TABS fortentwickelt wurden.
Notwendigkeit der Kühlung
Parallel dazu entstand aus dem Wohnungsbau kommend ein hocheffizienter Gebäudestandard mit zunächst gegenläufigem Konzept: das Passivhaus mit ausschliesslicher Luftheizung. Bei Passiv-Nichtwohngebäuden zeigte sich jedoch bald die Notwendigkeit einer sommerlichen Kühlung, was auch dazu beitrug, dass Flächen- und Volumensysteme – Kühl- beziehungsweise Heiz-Kühldecken und TABS – in viele Gebäude im Passivhausstandard Einzug hielten. Die Wärme- und Kälteerzeugung ist ein weiterer entscheidender Faktor für die im Laufe der Zeit zunehmende Energieeffizienz derartiger Anlagenkonzepte. Hier spielen Wärmepumpen und Umweltenergien – vor allem die oberflächennahe Geothermie – eine entscheidende Rolle, so auch die Bewirtschaftung von Erdreich und seit einigen Jahren Eisspeicher mithilfe von geothermischen Energiezentralen.
Thermische Bauteilaktivierung
Das zweite Referat hielt Fritz Nüssle, wie schon sein Vorredner, über die thermische Bauteilaktivierung TABS, dem Baustein für behagliche Thermielösungen für gewerbliche Bauten. Eine interessante Grafik zeigte die Entwicklung des Heizbedarfes von 1982 (mit 250 kWh/m2a) bis zum Jahre 2009 mit noch 70 kWh/m2a. Seit 1. Januar 2016 sind die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz nochmals verschärft worden und verlangen noch 56 kWh/m2a. Demgegenüber ist wiederum der Kühlbedarf durch den hohen Wärmedämmstandard, einer reduzierten Nachtauskühlung, grosse Glasflächen und innere Wärmelasten gestiegen.
Eine andere Grafik zeigte, dass sich beispielsweise die Raumtemperatur in einem Gebäude während einer 5-tägigen Hitzeperiode auf 34°C erwärmen kann. Eine Betonkerntemperierung verhindert ein sukzessives Aufschaukeln der Innenraumtemperatur und diese pendelt sich zwischen 20 und 26°C ein. Mit zusätzlicher mechanischer Lüftung bei einer Zulufttemperatur von 18°C beträgt die Schwankungsbreite der Raumtemperatur wenige Kelvin. «Bauteilintegrierte Speicher in Gebäuden sind heute wichtiger denn je», hielt Nüssle fest.
Bessere Raumluftqualität
Rüdiger Külpmann von der Hochschule Luzern referierte über bessere Raumluftqualität durch elektrisch leitfähige Luft. Ein Schweizer Unternehmen hat ein Verfahren zur Luftionisation entwickelt, bei dem kein Ozon oder andere Schadgase entstehen, sondern die Raumluft mithilfe von langlebigen Kleinionen schwach elektrisch leitfähig gemacht wird. In der Folge ist es möglich, bedarfsweise Luftpartikel zu entladen oder zu laden. Im entladenen Zustand neigen sie nicht mehr zur Anlagerung an Oberflächen aufgrund fehlender elektrischer Anziehungskräfte. Im geladenen Zustand neigen sie verstärkt zur Clusterbildung und damit leichteren Abscheidung in Filtern und der menschlichen Lunge. Ausserdem können verschiedene riechbare Substanzen mithilfe gezielter Ladung geruchlos gemacht werden. Das Verfahren wird seit Langem im industriellen Bereich und seit Kurzem im Komfortlüftungsbereich angewendet. Im Rahmen einiger Erstuntersuchungen an der Hochschule Luzern konnte die Funktionsweise des Systems studiert, nachvollziehbar verdeutlicht und in Grundversuchen überprüft werden. Külpmann zeigte auch auf, dass mit diesem Verfahren konventionelle Lüftungsmethoden deutlich verbessert werden können, ohne dass dazu mehr Platz- und Energiebedarf nötigt ist sondern mehrheitlich weniger.
Green Buildings
Johannes Hopf berichtete über energieeffiziente Green Buildings und über Energiekonzepte heute und in der Zukunft. Die Energiestrategie der Bundesregierung in Deutschland sieht für den Gebäudesektor im Klimaschutzplan eine wesentliche Reduzierung der Umweltwirkungen vor. Bereits ab 2020 wird ein sogenannter Niedrigst-Energiestandard gesetzlich vorgeschrieben. In der Vergangenheit wurde bei der Erstellung von Energiekonzepten eine zweistufige Vorgehensweise gewählt mit den Themen «Bedarf reduzieren» und «Erzeugung optimieren». Heute müssen die Bausteine «Eigenerzeugung» und «Speicherung» mit fest verankert werden, um lokal einen Niedrigst- oder Nullenergiestandard zu erreichen. Diese Vorgehensweise erfordert grundsätzliches Umdenken bei vielen Bauherren und Architekten. Durch die Novellen des EEG und KWKG wird die wirtschaftliche Einspeisung von Überschussstrom immer schwieriger. Ein Energiekonzept, das konkret dabei hilft, Überschussstrom in Form von Wärme oder Kälte zu speichern, leistet einen wesentlichen Beitrag für einen wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb und missbraucht das Stromnetz nicht als Speicher. «Ein dualer Eisspeicher erlaubt bis zu 40% der Wärme und 60% der Kühlenergie lokal über PV zu erzeugen und zu speichern und damit gegenüber herkömmlichen Konzepten massgeblich zu punkten», ist Hopf überzeugt.
Sekundäre Energiespeicher
«Die beiden tragenden Säulen der Energiewende sind Sonnen- und Windenergie», ist sich Yannick Friess von Zent-Frenger sicher. Da die Potentiale von Biomasse und Wasserkraft in Deutschland weitgehend erschlossen sind, wird der Ausbau von Solar- und Windparks eine zentrale Aufgabe, um die zukünftige Energieversorgung zu sichern. Die Energieeinspeisung von Sonne und Wind ist jedoch stark fluktuierend. Die hohen sommerlichen Stromüberschüsse müssen für den Winter gespeichert werden, um den Energiebedarf – vor allem während winterlichen Windflauten – zu decken. Eine vielversprechende Energiespeicher-Technologie sind Latentwärmespeicher. Diese nutzen den Phasenwechsel des Speichermaterials, um Wärme zu speichern. Aufgrund des hohen Volumens von Gasen bei Normalbedingungen wird bevorzugt der Phasenwechsel fest-flüssig genutzt. Auf dem Gebiet der Phasenwechselmaterialien (PCM) in der Gebäudetechnik werden in vielen Forschungsvorhaben neue Materialien untersucht. So z. B. Verbundwerkstoffe, um die Wärmeleitfähigkeit der PCM zu erhöhen und deren Separierung bei hoher Zyklenzahl zu unterdrücken, oder sogenannte «fest/fest»-Übergänge und Phasenwechsel, bei dem das PCM formstabil bleibt. Eine weitere Latentwärmespeicher-Technologie ist die Nutzung von Wasser als PCM in unterirdischen thermischen Energiespeichern in Kombination mit Wärmepumpen und einer Regenerationswärmequelle.
Die Wärmepumpe nutzt den thermischen Energiespeicher als Wärmequelle, wobei die beim Phasenwechsel – von Wasser zu Eis – frei werdende latente Wärme eine zusätzliche Wärmequelle darstellt. Über eine Regenerationswärmequelle wird der Speicher beladen. Die Regenerationswärmequelle unterscheidet sich je nach Anwendungsgebiet. Im Wohnbau wird Solarenergie und Umgebungswärme genutzt. Im Nichtwohnbau kann beispielsweise Abwärme aus Server-, Prüfprozess-, Prozess- oder Lebensmittelkühlung verwendet werden.
Energiepotentiale durch Grosswärmepumpen
Frank Kaiser von Zent-Frenger berichtete über thermische Energiezentralen bei Grosswärmepumpen. «Die Maschinen sind hinsichtlich ihrer Effizienz schon immer zu Recht auf dem Prüfstand», hielt Kaiser fest. Ineffiziente Anlagen werden meist erst nach den ersten 2–3 Betriebsjahren identifiziert, wenn die nachträglich ermittelten Arbeitszahlen schlechter ausfallen als prognostiziert. Die Gründe dafür liegen meistens in der Abweichung zur angedachten Betriebsweise, sei es durch andere Temperaturverhältnisse oder durch wesentliche Abweichungen beim Leistungsbedarf. Dabei ist es noch längst nicht selbstverständlich, dass diese Anlagen mit entsprechenden Wärme- und Kältezählern sowie verschiedenen elektrischen Energiezählern ausgestattet werden, um eine regelmässige Effizienzkontrolle durchführen zu können. Monitoringaufgaben werden üblicherweise von der Gebäudeleittechnik übernommen. Beim Geozent-Konzept ist jedoch die Basis für Monitoringaufgaben bereits gelegt. Alle Sensoren, die notwendig sind, um den Anlagenbetrieb zu regeln, zu überwachen und – was ungleich wichtiger ist – auch aus der Ferne diagnostizieren zu können, sind bereits in der Anlage integriert. Selbst komplexe Anlagen sind hier in einer Visualisierung abzubilden und vollumfänglich zu überwachen. Parameter wie beispielsweise Druck, Temperatur und Volumenstrom in allen wesentlichen Anschlüssen und Komponenten werden hier genutzt, um eine maximale Betriebssicherheit zu gewährleisten, die Optimierungsphase zu unterstützen und die ideale Betriebsweise zu finden. Gespeichert werden diese Daten in einem eigens darauf angepassten System. Trenddaten können damit jederzeit ausgewertet werden, was die Analyse des Anlagenbetriebes um ein Vielfaches erleichtert!