Lebensmittel sind länger haltbar, wenn man sie kühlt. Diese Erkenntnis ist schon sehr alt. In Mesopotamien entstanden vor rund 3000 Jahren Gebäude, in denen Eisblöcke für Kühlung sorgten. In China dienten Keller um 1000 vor Christus zur Aufbewahrung von Eis. Chinas Kaiser genossen zu dieser Zeit Gerichte, die mit Honig und Schnee zubereitet wurden. Alexander der Grosse lies während seines Feldzugs gegen das Perserreich (334-330 v. Chr.) mit Holz ausgeschlagene Erdbunker als Vorratsdepots anlegen. Eis und Schnee kühlten die dort eingelagerten Lebensmittel.
Im Laufe der Jahrhunderte wuchs das Bedürfnis der Menschen nach Eis. Wenn im Winter Gewässer zufrieren, wird das feste Nass herausgeschlagen. Zudem werden bei entsprechender Witterung Eiszapfen erzeugt, in dem man Gerüste aus Stangen mit Wasser besprüht. Eine frühe Form der Eisproduktion. Kühlen ohne Eis, das im Winter aufwendig gelagert werden musste. Vor rund 150 Jahren brachte der Geniestreich des jungen Ingenieurs Carl Linde den Durchbruch der Kältetechnik.
Bierkeller und Eisgalgen
Bleiben wir bei der Bierproduktion. Die Brauereien spielten eine grosse und wichtige Rolle in der Entwicklungsgeschichte der Kältetechnik. Ein ganzjähriger Braubetrieb war vor Linde unmöglich. Um beispielsweise das in den letzten Wintermonaten gebraute Sommerbier unbeschadet über die warmen Monate bringen zu können, benötigten die Brauereien kühle Lagerstätten. Die Brauereien selbst hatten keine solchen Räumlichkeiten. So begann man bereits im 16. Jahrhundert mit der Auslagerung des “Sommerbieres” in Stollen, Höhlen oder tiefe Felsenkeller.
Anfang des 19. Jahrhunderts fing man an, diese Lagerräume zusätzlich mit Natureis zu kühlen. Im Winter, wenn der Frost die Oberfläche der Seen und Weiher gefrieren liess, zogen Arbeiter mit Hacken und Sägen aus, um aus der dicken Eisdecke schwere Blöcke zu schneiden. Mit Pferdefuhrwerken wurden diese Eisblöcke in die Bierkeller geschafft, die sie bis weit in den Sommer hinein gleichmässig kühl hielten.
Aufwendige Eisproduktion
Wo es keine stehenden Gewässer gab, verwendete man sogenannte «Eisgalgen». Ein hölzernes Gerüst wurde über den Kellern errichtet und an sehr kalten Tagen mit Wasser besprüht, so dass sich lange, schwere Eiszapfen bilden konnten. Diese wurden abgeschlagen und durch Öffnungen in die darunter liegenden Keller geschafft. Dieser Vorgang wurde so oft wiederholt, bis sich in den Kellern ausreichend Eis gesammelt hatte. Die Deckenöffnung wurde danach wieder verschlossen, um die Kälte möglichst lange im Keller zuhalten. Der Eisbedarf des Brau-, aber auch des Gastgewerbes war so gross, dass man sogar aus ferneren Alpenregionen oder Nordeuropa Natureis bezog.
Vor allem Brauereien, die sowohl beim Brauvorgang zur Kühlung der Gärbottiche als auch bei der Lagerung des Bieres in Bierkellern auf niedrige Temperaturen angewiesen waren, verwendeten vor Einführung der künstlichen Eisherstellung mit Kältemaschinen, neben natürlich entstandenen Eisblöcken, die auf zugefrorenen Gewässern gewonnen wurden, auch Eisstangen, die an Eisgalgen hergestellt wurden. Von diesem frostigen Rohstoff benötigten beispielsweise Bayerns Brauer gigantische Mengen. Etwa 56 000 Tonnen jährlich verbrauchten alleine die 17 Münchner Brauereien in den 1870er-Jahren. Der Bedarf von Grossabnehmern wie die Spatenbrauerei betrug an warmen Tagen zwischen 28 und 39 Tonnen und in Spitzenjahren insgesamt bis zu 24 000 Tonnen Eis.
Aber auch Krankenhäuser, Gaststätten, Hotels und Sanatorien und Betriebe im Lebensmittelgewerbe bedienten sich dieser Technik für die Bereitstellung des Eises ihrer Kühlhäuser, Eiskeller und kleineren Eisgruben.
Immense Kosten für Kälte
Die Kosten für die Kühlung mit Natureis waren beträchtlich und wiesen zudem erhebliche Preisschwankungen auf. In Jahren mit normalen, für unsere Verhältnisse kalten Wintern, mussten die Münchner Brauer für den Zentner rund 15 Kreuzer hinlegen. Der Wert des täglich in der Spatenbrauerei verbrauchten Eises entspricht dem Preis für 225 Kilo Ochsenfleisch oder 1500 Liter Bier. In Zeiten der Rohstoffverknappung, wenn das Eis bei milder Witterung nicht wuchs, verlangten die Eislieferanten bis zu 48 Kreuzer für den Zentner.
Die Natureiskühlung war nicht nur teuer, arbeitsintensiv und witterungsabhängig. Sie verursachte auch hygienische Probleme, weil die Brauer mit Eis gefüllte, schwimmende Gefässe in die Gärbottiche hängten, um den Sud zu kühlen. Dabei konnten die Behälter undicht werden und das keimbelastete Kältemittel machte ganze Sude ungeniessbar.
Das kalte Geschäft mit Eis
Doch es existierten keine anderen Möglichkeiten. Erst die Eiskühlung erlaubte eine sichere Lagerung. Vor allem aber gestattete nur sie die ganzjährige Herstellung untergäriger Biere. Vor der "Eiszeit", die um etwa 1860 begann, herrschte ein strenges Sommerbrauverbot. Wegen der Gefahr des Sauerwerdens, Umkippens und «Gerstevergeudens» durfte untergäriges Bier nur von Michaeli (29. September) bis Georgi (23. April) hergestellt werden. Mit der Ausweitung der Brauzeiten konnten die Brauereien zwar ihren Ausstoss steigern, aber sie gerieten auch in neue Abhängigkeit. Zum einen benötigten sie riesige Lagerflächen für das Eis und waren mehr denn je von den Launen der Natur abhängig. In kalten Wintern war die Eisbeschaffung problemlos, weil die nähere Umgebung oder eigene Eisflächen den Bedarf deckten. Milde Winter aber brachten den Brauern neue Herausforderungen. Wurde das Eis knapp und musste aus den Bergen oder Gletschern beschafft werden, explodierten die Preise. Die Lieferanten wussten genau, dass die Brauer fast jede Forderung akzeptierten, um ihre Keller zu füllen.
Lindes eiskalter Geistesblitz
Mit der Erfindung der ersten Kältemaschinen hatte der Ingenieur Carl von Linde im 19. Jahrhundert die Wirte und Brauereien von einer grossen Sorge befreit. Das Bier, das sie herstellten und verkauften, musste auch in Zeiten ohne Kühlanlagen lange haltbar bleiben, und das war schwierig genug. Der gerade mal 30-jährige Maschinenbau-Professor Carl Linde beschrieb 1871 im „Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt“, wie eine „verbesserte Eis- und Kühlmaschine“ funktionieren muss. Statt im Winter Zehntausende Tonnen Eis aus Seen und Weihern zu sägen und mit Pferdefuhrwerken zu den Gärkellern zu bringen, konnten die Brauer ihr helles Lagerbier das ganze Jahr über brauen. Linde hat die erste erfolgreiche und funktionssichere Kältemaschine gebaut. Das revolutionierte nicht nur die Bierherstellung, sondern war der Durchbruch für die industrielle Kältetechnik.
Der tiefe Wirkungsgrad war ein Problem, mit dem sich der junge Professor für Maschinenbau Carl Linde im Jahr 1866 auseinandersetzte. Er unterzog die verschiedenen Ansätze einer systematischen Prüfung und untersuchte dabei nicht nur theoretische und technische Aspekte, sondern erstmals auch die wirtschaftliche Seite der Erzeugung künstlicher Kälte. Lindes Fazit, das er 1871 im "Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt" veröffentlichte, fiel eindeutig aus. Er war überzeugt, durch technische Verbesserungen den Wirkungsgrad der Kältemaschine so steigern zu können, dass ein zuverlässiger und vor allem wirtschaftlicher Betrieb möglich ist.
An Inverstoren fehlte es nicht
Damit konnte Linde zuerst August Deiglmayer, den Besitzer der österreichischen Grossbrauerei Dreher und Gabriel Sedlmayer überzeugen. Die beiden Geschäftsleute beauftragten Linde mit der Konstruktion einer wirtschaftlichen Kältemaschine. Die Vereinbarung sieht vor, dass Linde zunächst eine Versuchsanlage in der Spatenbrauerei installiert und testet. Bewährt sich der Prototyp, soll er anschliessend eine grosse Kälteanlage für die Drehersche Brauerei in Triest liefern. Im Januar 1873 war die Konstruktion soweit gediehen, dass eine Maschinenfabrik mit dem Bau beginnen konnte. Da der im Januar 1874 getestete Prototyp technische Mängel aufwies, verbesserte Linde die Abdichtung und die Leistung des Kompressors. Ausserdem ersetzte er den als Kältemittel vorgesehenen Methyläther durch Ammoniak. Dieser Feinschliff bringt 1876 den Durchbruch. Im September lieferte die Maschinenfabrik Lindes Kältemaschine an die Drehersche Brauer in Triest aus und im Frühjahr darauf konnte die Produktion gestartet werden. Am 9. August 1877 erteilte das kaiserliche Patentamt in Berlin das Patent für die Kälteerzeugungsmaschine.
Moderne Kältetechnik in Brauereien
Heute gehören Kälteanlagen zum Alltag. Was mehr interessiert sind neben Wirtschaftlichkeit, die ökologische Seite und Nachhaltigkeit. Der Wärmeverbund Rheinfelden Mitte – eine Kooperation der AEW Energie AG, der Stadt Rheinfelden und Feldschlösschen ist im September 2014 ans Netz gegangen. Er versorgt die Überbauung Salmenpark, Liegenschaften im Gebiet Schifflände sowie Teile der Altstadt mit umweltfreundlicher Wärme aus der Brauerei Feldschlösschen.
Bei der Abwärme, die Feldschlösschen dem Wärmeverbund zur Verfügung stellt, handelt es sich um Niedertemperaturabwärme, die in den Produktionsanlagen der Brauerei (Kälteanlagen, Abwasser) anfällt. Dafür wurde ein sogenannter Abwärme-Ring erstellt, der die Wärme aus verschiedenen Abwärme-Quellen sammelt. Die Abwärme von rund 25 Grad wird mit Hilfe von Wärmepumpen auf bis zu 81 Grad gebracht, bevor sie in das Netz eingespeist wird. Über 90 % der Wärme wird CO2-frei erzeugt. Die übrige Wärme (Bedarf bei Spitzenlast, Notversorgung) wird aus einer Gas-Wärme-Erzeugungsanlage von Feldschlösschen ebenfalls in das Wärmeverbundnetz eingespeist.
Dank effizienter Prozesse und der Kopplung mit Wärmepumpen konnten 2020 bereits 90 Kunden (Wohnbauten, Gewerbebetriebe und Gebäude der Stadtverwaltung) mit jährlich rund 14 Mio. kWh Wärme versorgt werden. Dies entspricht einem Energiebedarf von rund 930 Haushalten. 1,4 Mio. Liter Heizöl werden durch die Nutzung der Abwärme eingespart und 4100 t C02-Emissionen werden dadurch pro Jahr vermieden (Quelle: Feldschlösschen, Rheinfelden).
Ein hervorragendes Beispiel für ökonomische und nachhaltige Braukunst.