Wärmetechnik

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Editorial 4/2010: Kalte Fernwärme ab KKW?

An der Fernwärmetagung 2010 in Biel wurden unter dem Titel «Von der Vision zur Praxis» eine Standortbestimmung zum Thema Nah- und Fernwärme vorgenommen und mögliche Entwicklungen bis zum Zielhorizont 2030 aufgezeigt. Fazit der Tagung: Abwärme ist eine nutzbare Restenergie und darf nicht einfach an die Umgebung abgegeben werden. Und: Fernwärme zahlt sich auf die Dauer aus.

 

Als ich den Tagungsbericht von Thomas Glatthard (ab Seite 30) las, kam ich beim Kapitel «Strom und Wärme ab Kernkraftwerken» ins Grübeln. Der sogenannten «kalten Fernwärme» wird dort wenig Potenzial zugestanden. Mir kam bei diesem Stichwort sofort die ARA Sihltal in den Sinn. Wir hatten in HK-Gebäudetechnik 8/08* über den Wärmeverbund Adliswil berichtet, der Abwasserwärme nutzt und nach dem Prinzip «kalte Fernwärme» betrieben wird: In den angeschlossenen Wohnquartieren nutzen Wärmepumpen die Temperatur zwischen 10 und 20 °C des Abwassers über einen Sekundärkreislauf als Wärmequelle und versorgen die Gebäude mit Heizwärme. Sollte dieses Prinzip bei günstigen Randbedingungen nicht auch bei Kernkraftwerken angewendet werden können? So müsste keine wertvolle Energie auf Kosten der Stromproduktion «ausgekoppelt» werden für höhere Abwärme-Temperaturen zum Betrieb von Fernwärmenetzen mit Temperaturen bis 120 °C.

 

Auch bei neuerer KKW-Technologie könnte ein solches «kaltes» Fernwärmenetz problemlos mit 25–30 °C betrieben werden, ohne Kompromisse bei der Stromproduktion. Bei den im Vergleich zu konventionellen Fernwärmenetzen relativ tiefen Temperaturen würden sich die Verteilverluste auch bei längeren Leitungen in Grenzen halten. Die «kalte Fernwärme» könnte in so erschlossenen Quartieren eine attraktive Wärmequelle für Wärmepumpen sein, etwa statt Erdwärmesonden, Abwasser oder Umgebungsluft. Ich rufe Sie auf, geschätzte Leserinnen und Leser: Bitte berichten Sie über Projekte und Ideen oder Ihre Meinung im Zusammenhang mit kalter Fernwärme! Was brauchts für «günstige Randbedingungen»? Ich bitte Sie um Zuschriften an die unten angegebene Mail-Adresse.

 

Der Wärmepumpen-Experte Martin Zogg hat ein umfassendes Buch geschrieben zur Geschichte der Wärmepumpe, die vor rund 175 Jahren begonnen hatte. In der Rubrik «Thema» ab Seite 24 erscheint in dieser Ausgabe von HK-Gebäudetechnik der erste Beitrag seiner zweiteiligen Zusammenfassung. Über den hohen Stand der Entwicklung von Erdgas- und Öl-Heizgeräten berichten zwei Beiträge in der Rubrik «Wärmetechnik/Energie». Auch in Zukunft ermöglichen diese Geräte gute Lösungen zum Heizen, vor allem in Kombination mit neueren Technologien oder bei speziellen Anforderungen.

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Peter Warthmann, Chefredaktor

peter.warthmann(at)hk-gebaeudetechnik.ch