Nordwestfassade mit neu interpretierter typischer Fassadengestaltung. (Bilder: Thomas Aus der Au)

Südostfassade mit geöffneter Loggia.

Loggia mit einer semitransparenten Lärchenholzfassade.

Skulpturaler Treppenturm in Sichtbeton.

Spa komplett aus Sichtbeton.

Montage der Solarpanels auf dem Scheunendach.

Wandheizung im Haupthaus.

Heidi, Haustechnik und Historie

Ein renoviertes historisches Gebäude im Heidi-Filmdorf Latsch bei Bergün ist mit dem europäischen Solarpreis ausgezeichnet worden. Ein ausgefeiltes Energiekonzept und der clevere Einsatz modernster Haustechnik machten aus der einstigen Ruine ein Nullenergiebilanzhaus, das auch optisch überzeugt.

Zwei Stars des Schweizer Films waren schon hier: Heinrich Gretler im Jahr 1952 und Bruno Ganz 2015 – beide als kauziger Alpöhi. Kein Wunder: Im kleinen Weiler Latsch oberhalb von Bergün (GR) scheint die Zeit stillgestanden zu sein – die passende Umgebung also für einen Heidi-Film. Zur Filmkulisse gehörte auch ein 350 Jahre altes Gebäude. Dieses stand in den letzten 60 Jahren jedoch leer und zerfiel zusehends. Nun wurde das wichtige Kulturgut gerettet und zu einem Nullenergiebilanzhaus umgebaut. Der Sonnenenergie kommt dabei die Hauptrolle zu. Dafür ist das Projekt am 2. Dezember 2020 mit dem europäischen Solarpreis ausgezeichnet worden – als einziges in der Schweiz und als eines von nur neun in Europa.

Das Haus als Kraftwerk

Geplant und umgesetzt wurde das Projekt im Auftrag einer privaten Bauherrschaft durch das Büro Felix Partner Architektur AG in Zürich. Das Haustechnikkonzept entwickelten die Architekten in Zusammenarbeit mit den Ingenieuren der Firma An aus Dübendorf. In die Dachflächen sind 20 Quadratmeter Kollektoren sowie 130 Quadratmeter Fotovoltaikpanels integriert. Fünf bis zu 260 Meter tief in den felsigen Untergrund gebohrte Erdsonden dienen als Medium für eine Wärmepumpe mit 30 Kilowatt Leistung. Das Haus ist damit zu einem eigentlichen Kraftwerk geworden: Der Solarstrom deckt über das ganze Jahr hinweg den gesamten Bedarf von Wärmepumpe und Bewohnern – inklusive Betrieb des grosszügigen Spa-Bereichs im Untergeschoss. Das Warmwasser erzeugen Sonnenkollektoren, deren überschüssige Energie im Sommer über die Erdsonden im Felsen gespeichert wird und damit im Winter klimaneutral wieder zur Verfügung steht.

Bretter und Beton

Innovativ und mit Rücksicht auf die historische Bausubstanz wurde auch die Wärmeverteilung im gut 490 Quadratmeter grossen Haus gelöst. Geheizt wird es vom Untergeschoss aus, wo als Bauteilaktivierung Heizschlangen in die Bodenplatte eingelegt wurden. Die warme Luft gelangt dann durch die Spalten zwischen den Deckenbrettern in die oberen Etagen. Punktuell ergänzen Wandheizungen und einzelne Heizkörper die Grundheizung. Zum architektonischen Konzept gehört das gekonnte Zusammenspiel zwischen Altem und Neuem. Beispiele für neue Elemente sind etwa die einbetonierten Unterputzarmaturen oder die aus Sichtbeton vorfabrizierten Lavabos, Duschtassen sowie die Badewanne.

Erscheinungsbild blieb erhalten

Und nicht zuletzt erlaubte das Haustechnikkonzept, dass auf die Dämmung der Gebäudehülle partiell verzichtet werden konnte. So war es möglich, historische Elemente im Inneren, wie etwa die Holzauskleidungen zu erhalten, genauso wie die äussere Erscheinung des Gebäudes im typischen Engadinerstil. Für die nächste Heidi-Verfilmung in authentischer Kulisse ist die einstige Ruine nun also wieder gerüstet. Wer dann wohl den Alpöhi spielen wird?

Weitere Details zum Bau:
www.felixpartner.com (-> Architektur Planung ->Historisches Wohnhaus mit Stall)

Zur Gesamterneuerung des Hauses wurde ein Dokumentarfilm gedreht (s. Trailer)