So viel vorweg: Von den ungewöhnlichen Umständen liessen sich die über 100 Teilnehmenden des diesjährigen SPF-Symposiums zu «Solarenergie und Wärmepumpen» nicht abschrecken. Vielmehr folgte man am Mittwoch, den 28. Oktober 2020, via Online-Konferenz den spannenden Referaten. Viele haben die Fragemöglichkeiten sowie die Chat-Funktion reichlich genutzt.
Sicher musste im neuen Online-Format auf einige wichtige Dinge verzichtet werden. So hat leider der persönliche Austausch in den Pausen und beim Apéro gefehlt, und auch die sonst beliebte Begleitausstellung konnte nicht stattfinden.
Photovoltaisch-thermische Kollektoren (PVT) - Übersicht
In das diesjährige Fokusthema PVT führte Jean-Christophe Hadorn ein. Als Operating Agent des Task 60 «Application of PVT Collectors and New Solutions in HVAC Systems» des Programms «Solar Heating and Cooling» der Internationalen Energieagentur (IEA) hat er einen Überblick über die laufenden Arbeiten gegeben. Diese reichen von einer Übersicht über bereits existierende PVT-Systeme über die Charakterisierung der Performance, PVT-Modelle und Systemsimulation zu Empfehlungen für das Systemdesign oder Regelstrategien.
PV-Modul nachrüsten
Im nächsten Referat von David Sauter von der ZHAW Wädenswil ging es konkret um ein Heizsystem mit nicht-abgedeckten PVT-Kollektoren als alleinige Wärmequelle für die Wärmepumpe. Das Ziel war die Entwicklung eines effizienten Systems, das einfach umsetzbar, grossflächig einsetzbar und wirtschaftlich ist. Als möglichst kostengünstigen PVT-Kollektor schlägt Sauter die Nachrüstung eines PV-Moduls mit einem angeklemmten Wärmetauscher vor. Laut Simulation werden so relativ niedrige Lebenszykluskosten des Gesamtsystems in der gleichen Grössenordnung wie mit Luft-Wasser-Wärmepumpen erreicht. Die Effizienz eines solchen Kollektors ist zwar geringer als bei heute üblichen PVT-Kollektoren, aufgrund von längeren Betriebszeiten sinkt die Jahresarbeitszahl aber nur geringfügig (zwischen 3.0 und 3.7 gemäss Simulation).
Mit Hilfe einer hydraulischen Erweiterung kann über die PVT-Kollektoren im Sommer zusätzlich passiv gekühlt werden. Bei den betrachteten Steuerungsvarianten zeigt eine Nachtsperre der Wärmepumpe gute Resultate. Der Gesamtenergieverbrauch kann dadurch leicht gesenkt und der Eigenverbrauch deutlich erhöht werden. Bisher wurden ausschliesslich Simulationsstudien durchgeführt. Der Praxistest steht für das System noch aus.-
Abgedeckte PVT-Kollektoren
Neben den heute üblichen nicht abgedeckten PVT-Kollektoren eröffnen abgedeckte, respektive verglaste Kollektoren neue Anwendungen, da sie höhere Temperaturen erreichen. Ihr Potenzial erläuterte Daniel Zenhäusern vom SPF in seinem Vortrag. Allerdings stellen die höheren Temperaturen eine Herausforderung für die eingesetzten Materialien dar. Übliche PV-Module wären dafür nicht geeignet, weshalb ein Überhitzungsschutz deutliche Vorteile bringen würde. Für einen solchen Kollektor mit Überhitzungsschutz wurde ein neues Kollektormodell in Polysun entwickelt. Für ein typisches Mehrfamilienhaus mit Luft-Wasser Wärmepumpe stellte Zenhäusern die Simulationsresultate für eine Belegung der Dachfläche mit verschiedenen Kombinationen von PV, Flachkollektoren und PVT vor.
Verglichen wurden dabei a) der Energieertrag und b) der Austausch mit dem Stromnetz. Dabei schneidet eine Kombination von PVT und PV (mit hohen Anteilen PVT) am besten ab. Mit aktuellen typischen Preisen erreichen reine PV-Anlagen die niedrigsten Energiegestehungskosten, aber mit der aktuellen Förderung können auch Anlagen mit hohen PVT- oder Thermieanteilen wirtschaftlich sein.
Probleme mit Normen, Zertifikaten, Förderungen
Nach der Pause ging es mit einem unterhaltsamen Vortrag zu dem eigentlich eher trockenen Thema der Zertifizierung von PVT Kollektoren weiter. Andreas Bohren, Leiter Testing am SPF, erläuterte, dass eine Zertifizierung von PVT-Kollektoren zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben sei, aber beispielsweise Voraussetzung für eine Förderung sein kann.
Allerdings gibt es keine eigene Norm für PVT-Kollektoren, weshalb Bohren die Zertifizierung als «Tanz auf zwei Hochzeiten» bezeichnet: PVT-Kollektoren müssen sowohl nach den gültigen PV-Normen als auch nach der Solarthermienorm zertifiziert werden. Die thermische Norm umfasst im Gegensatz zu den PV-Normen auch explizit PVT und die Kollektoren können schliesslich mit «Solar Keymark» zertifiziert werden. Durch die doppelte Zertifizierung entstehen leider auch zweimal Kosten. Wird ein bereits zertifiziertes PV-Modul verwendet, fallen zusätzliche Prüfkosten von ca. 10-20’000 Franken an, für die Zertifizierung von abgedeckten PVT-Kollektoren können sogar Kosten von 30'000 bis zu 100’000 Franken entstehen. Nach Bohrens Kenntnisstand gibt es bisher keine Zertifikate für abgedeckte PVT-Kollektor-Modelle.
Die Besonderheiten des harmonisierten Fördermodells der Kantone führe zur Situation, dass die Förderung für nicht abgedeckte PVT sehr gering, für abgedeckte Modelle aber sehr gut wäre, falls solche zertifiziert wären. So kommt Bohren zu dem Schluss, dass das Schweizer Fördersystem mit PVT überfordert sei und dringend angepasst werden müsse.
PVT-Forschung in Deutschland
Am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE wird bereits seit längerem und intensiv an PVT geforscht, und so stellte Korbinian Kramer gleich mehrere laufende Projekte vor. Zunächst berichtete er von zwei modellhaften Umsetzungen.
• Bei der ersten wird ein Quartier im Bestand mit einer Kombination von Wärmepumpen, PV und Blockheizkraftwerk ausgerüstet, wobei teilweise auch PVT als alleinige Wärmequelle der Wärmepumpe eingesetzt wird.
• Die zweite Umsetzung ist ein Plusenergie Verwaltungsgebäude in Freiburg, bei dem abgedeckte PVT-Kollektoren zum Einsatz kommen. Leider liegt der tatsächliche Wärmeertrag niedriger als erwartet, was aber nicht an den Kollektoren und deren Integration, sondern an einem «Planungsgap» liegt: Der Warmwasserbedarf ist fünfmal kleiner als in der Planung angenommen.
• In einem weiteren Projekt geht es um die Entwicklung von wirtschaftlichen und effizienten PVT-Gesamtlösungen sowie um dafür geeignete PVT-Kollektoren. Je nach Anwendung oder Minimierung der Wärmeleitwiderstände werden spezifische Tests für PVT-Kollektoren entwickelt.
Einschätzungen aus der Praxis
Im dritten und letzten Teil der Veranstaltung kamen nach den wissenschaftlichen Beiträgen noch zwei Praktiker zu Wort.
• Zunächst berichtete Marc Bätschmann von der BS2 AG von seinen Erfahrungen mit PVT-Kollektoren in Wärmepumpensystemen in verschiedenen Umsetzungen und hatte einige Tipps aus der Praxis parat. Bätschmann legte Wert auf architektonisch gut integrierte Anlagen. Diese reichten von massgeschneiderten, sehr aufwändigen Installationen bis zu einem System mit vorgefertigten Dachelementen. Solche erlauben aber eine individuelle Anpassung von Geometrie und Deckung mit unterschiedlichen PV-Modulen. Dies vereinfacht Planung und Montage erheblich und hat für den Bauherrn den Vorteil, alle Leistungen und Garantien aus einer Hand zu erhalten.
• Im letzten Vortrag stellte Michael Geissbühler von der PVT Solar AG die Entwicklung eines PVT-Kollektors bis zur Umsetzung erster Anlagen vor. Bei der Entwicklung setzte er auf einen vollflächig durchströmten Absorber und serielle Verrohrung. Es werden rahmenlose Glas-Glas-Module eingesetzt und zur Montage ein Einhängesystem gewählt. Aber nicht nur der PVT-Kollektor, sondern das Gesamtsystem sei entscheidend. Dabei setzt er vor allem auf PVT-Systeme mit Eisspeicher und Wärmepumpe, wobei als Faustregel für die Dimensionierung 1 m3 Eisspeicher und 1 m2 PVT-Fläche pro 10 m2 Energiebezugsfläche gelte. Geissbühler zeigte auf, dass bei grossen Anlagen über 1000 m2 die Energiegestehungskosten bei Systemen mit PVT, Eisspeicher und Wärmepumpe niedriger liegen als bei Luft-Wasser Wärmepumpen.